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Bautechnischer Führer durch München 1876

Die Bauten Münchens.

I. Cultanlagen

öttinger-Kapelle des Gasteig, so genannt von der die Altötlinger Madonna nachahmenden Maria auf dem Hauptaltar, vor zehn Jahren im romanischen Style hergestellt. Die Chornische, aussen dreiseitig, wurde innen zur halbkreisförmigen Apsis umgestaltet. Die Flachdecke enthält ein hübsches den hl. Nicolaus darstellendes Gemälde von Jul. Frank.

Die Klosterkirche zum Guten Hirten in Haidhausen mit Erziehungsanstalt für verwahrloste und arme Kinder, ehemals Schloss der Familie Leibifinger ist seit 1834 im Besitz der Frauen vom Guten Hirten, welche allmülig das Ganze für ihren Zweck wesentlich umgestaltet haben. Die Klosterkirche, einschiffig aber geräumig, ist nicht ohne Interesse, denn das Tonnengewölbe ist durch spitzbogige Stichkappen und gothische Netzrippen, die von leichten an die Wand gesetzten Diensten aus- spiingen, belebt, und ebenso sind die romanisch-rundbogigon Fenster mit gothisehem Maasswerk verziert. Das Ganze gemahnt an toscanische Bauten der gothischen Periode, wenn auch der Hauptaltar rein romanisch ist.

Die alte Pfarrkirche (hl. Kreuzkirche) in der Vorstadt Giesing, klein, einschiffig und unansehnlich, stammt gleichwohl aus einer bedeutend früheren Zeit, als ihn die etwas schweren Stuccaturen ans dem 17. Jahrhundert vermuthen lassen. Der massive Sattelthurm wenigstens, gross genug, um den Chor in seinem Inneren aufzunehmen, ist in seinen ganz ungegliederten unteren Theilen muthmasslich sogar älter als die gothischen Schalllöcher oben. Die Kirche selbst zeigt keine älteren oder sonstwie bedeutenden Bestandtheile.

Die neue Pfarrkirche von Giesing, unmittelbar neben der alten, ist noch unvollendet, ja es wurde der Bau sogar nach der bekannten Affaire mit der Giesinger Kirchenbau-Lotterie vorläufig ganz eingestellt. Zur Zeit erhoben sich nur die Strebemauern des grössten Theils. Gothischen Styles und aus Backstein mit Sandsteinziergliedern erbaut, wird sie durch eine doppelte fünfseitige Chorbildung wie durch ein in gleicher Weise chorartig abschliessendes Querschiff immerhin von stattlicher Planbildung und eine Zierde der Isarhöhen sein, wie auch das Innere trotz Einschiffigkeit geräumig zu werden verspricht. Die Entwürfe stammen von Hofbaudirector v. Dollmann.

Die Synagoge in der Westenriederstrasse, von Baurath Metivior 1824—1826 erbaut, verräth durch ihr palastartiges Aeussere im Hochronaissancestyl ihren Cultzweck nicht. Sie grenzt mit einer Langseite an die Strasse und schliesst sich mit beiden Schmal-

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