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Bautechnischer Führer durch München 1876

II. Epoche der Renaissance.

stand, da er" sich ursprünglich an der Stelle des jetzigen Chors befand, nicht unbesch digt. Doch da hiebei ein leichter Gew lberiss noch mehr von der soliden Ausführung des m chtigen Gew lbes Zeugniss gab, Welches imüebrigen unversehrt die Katastrophe überdauerte, so wurde nicht blos der Schaden leicht wieder ausgebessert, sondern schlug sogar in einen Vortheil um, indem man den übrigens unvollendet bleibenden neuen Thurmbau mehr von der Kirche absonderte, und dafür mehr Raum für den Chor gewann, der nun namhaft vertieft wurde und dadurch eine prachtvolle Perspective erlangte. Diesen Ausbau besorgte indess nicht mehr Dieterlin, der mit dem fahrl ssigen Werkmeister, dem Mauerer Wolfgang Müller, bis auf die neueste Zeit f lschlich als Baumeister der Kirche verehrt, nach dem Thurmeinsturz beseitigt worden war, sondern der Maler Friedrich Sustris, welcher übrigens schon seit 1586 als herzoglicher „Obermaler und Baumeister“ erscheint und sein Werk 1597 vollendete, aber in der mehr malerischen und kleinlichen Decoration des Chors der künstlerischen Bedeutung Dieterlin's nachsteht. Uebrigens lag in der Benutzung von manchem bereits Vorhandenen auch eine nicht zu untersch tzende Fessel und die Veranlassung zu Wiederholungen, wie auch die verlangten vorspringenden Oratorien Schwierigkeiten bereiteten. Die Anlage geh rt sonst zu den bedeutendsten Deutschlands im Renaissancestyl des 16. Jahrhunderts. Das m chtige Tonnengew lbe von 34 Meter Spannung im Lichten z hlt zu den gewaltigsten Gew lbewerken aller Zeiten. und die Grossr umigkeit des Ganzen erscheint namentlich in der Mitte des Quer- schiffes geradezu imposant. Dieses ragt usserlich nicht über die sonstige Schiffbreite vor, da die in sehr betr chtlicher Breite angelegten Streben ganz nach innen gezogen sind, so dass die Absiden der hiedurch gebildeten Kapellen nach Aussen nicht über dieselben vortreten. Aeusserlich zeigt der Bau mindere Gewandtheit, da weder die Fronte über eine nüchterne Etagirung der m chtigen Fl che hinausk mmt und den reichen statuarischen Schmuck architektonisch zu beherrschen und zu umrahmen vermag, noch die eine offen- liegende ( stliche) Langseite für die constructiven Bedingungen eine entsprechende künstlerische L sung findet, so dass einerseits die m chtigen Fl chen in todter Felderumrahmung ihre einzige Gliederung finden, anderseits die tabernakelartig zwischen die Streben gesetzten Absiden der Seitenalt re als h ssliche Cylinderstücke sich unvermittelt geltend machen Gediegener entfaltete sich das Aeussere an dem angebauten J es ui ten - C oll egi u in, das gleichfalls nach den Pl nen Wendel Dieterlin’s erbaut 1598 fertig stand, und an Areal das jenseits der Weiten Gasse gegenüberliegende Augustinerkloster sogar noch überbot. Untor Heranziehung von Bruchstein wurden hier wenigstens die Portale und Fensterzierden reicher hergestellt, als dies derselbe

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