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Bautechnischer Führer durch München 1876

II. Epoche der Renaissance.

Geb ude, in den Fanden des Erziehungsinstitutes und der Studienkirche (vormals Karmelitonklosters) und der Max-Joseph-Kaserne noch entschiedener dem Zopfe huldigte, als mit seinem Feuerhause am Anger oder dem allgemeinen Krankenhause. Die zweite Phase entsprach dem derben Dorisnuis der franz sischen Republik, der, von der Davidischcn Schule ausgehend, in Deutschland am reinsten durch Weinbrenner in Carlsruhe und durch Langhaus in Berlin ausgesprochen worden war, und der missverst ndlichen Verwechselung mit altr mischer Bauweise entsprungen ist. Dieser geh rten an die Bauten (des Franz von Thum, geh. 1763 zu Giesing, f 1844 zu München, welcher in seiner Stellung als Milit rarchitekt und Oberbaumeister durch Kasernenbauten wie die Cuirassierkasernc an der Zweibrückenstrasse und die unter dem Namen Türkenkaserne bekannte Infanteriekaserne bezeichnende Proben gab, denen auch Civil- bauten wie die Facade des Münzgebiiudos oder das alte chemische Laboratorium in der Areisstrassc gleichartig waren. Ferner J. M. Vorherr, geb. 1773 zu Freudenbach im Ansbachischon, f 1847 zu München, im guten wie iin üblen Sinne auch als Schriftsteller an Vitruv gemahnend, und in Berlin und Paris gebildet, dessen Portions des alten Friedhofes auch einen beachtenswerthen Markstein jener Bauperiode bildet. Endlich der Portugiese E. d’Hcrigoyen, der Erbauer des Volkstheaters am Isarthor und des für jene Zeit h chst gelungenen dorischen Portals des k. botanischen Gartens, welches bereits eine bessere Zeit ankündigt. Als die Hauptvertreter der letzten Phase endlich, welche eine umfassendere Wiederaufnahme der Antike auszeichnet, sind C. von Fischer, geb. zu Mannheim 1782, f zu München 1820, und Jean Motivier aus Rennes in der Bretagne zu nennen. Der erstere in Wien, dann auf Reisen in Italien gebildet, hat sich besonders durch zwei gleichzeitige Bauten in München einen Namen gemacht, das k. Hoftheater, welches in der Hauptsache noch die ursprüngliche Anlage zeigt, und das Palais des Ministers Abbe Salabcrt (nachmals Prinz Carl - Palais) am englischen Garten. Selbst das T rring-Palais am Oarolinenplatz, für den Kronprinzen Ludwig gebaut, dürfte durch seine Verh ltnisse einige Aufmerksamkeit verdienen, wie mehrere der lteren Adelsh user an der Max-Joseph- Strasse von seiner Hand. Weniger Geschmack verrieth sein Schüler .1. N. Hiinbsel, übrigens glücklicher im Bazar und in den Schulh usern , wie in dem noch seinen Namen tragenden grossen Zinshause zwischen Maximilians- und Karlsplatz, nicht blos einem Stein sondern einem Oulossalwürfel künstlerischen Anstosses. Feiner angelegt war Motivier, vorzugsweise Decorateur, aber auch als Architekt h chst beachtenswerth, wie vorzugsweise die Synagoge und das Bayersdorfpalais zeigen. Doch begann Motivier seine Th tig- keit erst am Schluss der Regierungszeit des ersten K nigs, ebenso wie J. N. Pertsch (Gef ngniss am Anger), in einer Zeit, in welcher Klenze seine Th tigkeit bereits angetreten hatte.

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