Alte Bücher

 Seite 92


Bautechnischer Führer durch München 1876

Die Bauten Münchens.

I. Cultanlagen

von 2,io Meter lediglich nach achteckigem Grundplane gebildet und besitzen zwar einen schlichten, nur mit einer Schmiege sich an den Pfeilerschaft anschliessenden Sookel aber keine Capit lbildung, indem vielmehr die Gew lberippen in einer H he von 34,5 M. meist ganz unvermittelt und nur zum geringeren Theilo von Consolenbildungen gostützt, dem polygonen Schafte entspringen. In der L ngsrichtung ist der Gurtbogen deutlich markirt, in der Querrichtung dagegen ist der Gurt nicht st rker betont als die übrigen Rippen dos Netzgew lbes, wodurch das Gew lbe nicht unwesentlich an einheitlicher Wirkung gewinnt. Die Gew lbe der Seitenschiffe werden den Pfeilern entsprechend anderseits von starken Strebepfeilern aufgenommen, welche nach innen gezogen zugleich die Scheidew nde der Kapellen und zumeist auch die Altarw nde bilden. Der Gewinn nach innen ist hiebei ausserordentlich, indem dadurch die Kirche an Weitr umigkeit wesentlich zunimmt und zugleich den Seitenalt ren , Beichtstühlen, Denkm lern u. s. w. passender und vermehrter Raum geschaffen wird. Doch ist diese Anordnung auch nicht ohne Nachtheil und dieser ist an der Kahlheit des Aeussern, zu dessen Belebung und Brechung nichts abfiel, fühlbar genug. W hrend sonst die Bildung bei der gegenseitig rechtwinkligen Stellung der Pfeiler und Streben einfach, musste die L sung des W lbungsproblems im fünftheiligen Chorabschluss einige Schwierigkeiten bereiten. Denn der aus den Seitenschiffen erwachsende Umgang um den Chor ist als solcher nicht auch im Gew lbe durchgeführt, indem vielmehr das Mittelschiffgew lbe sich bis an die beiden mittleren Streben des Chorabschlusses fortsetzt, und zwar, weil, das letzte Pfeilerpaar etwas enger gestellt ist. in zwei Trapezen sich verjüngend. Dor beiderseits brigbleibonde Gew lberaum aber stellt sich in je einem irregul ren Viereck und in einem Dreieck dar, welchen besondere und gleichfalls unregelm ssige Netzformen geschaffen w'erden mussten. An die linke Chorseite sind ausgedehnte Sakristeir ume angelehnt, von vornehcrein in diesem Umfange n thig, weil schon 1495, mithin ein Jahr nach der Einweihung der Kirche als Pfarrkirche, der Herzog Albrecht IV. von Bayern im Einvernehmen mit der Curie die Collegiatstifte Schliersee und Ilmmünster an die Frauenkirche versetzte. Vor die Westseite aber wurden, wie es an der alten w hrend des Neubaues niedergelegten Frauenkirche, und nicht minder boi S. Peter der Fall gewesen, zwei Thürme vorgelegt, so dass ihr gew lbtes Erdgoschoss noch besondere Kapellenr ume bildete, w hrend der Zwischenraum zwischen den Thürmen für Eingangshalle und Orgelchor in Anspruch genommen ward. Die Dimensionen der Kirche erforderten natürlich auch riesige Verh ltnisse der Thürme (H he 99, untere Mauerdicke 3,30, Führung 9,60 Meter), anderseits aber auch schlichte und massige Behandlung mit geringer Betonung der Streben und ruhigen Wand-

 Seite 92