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Ein Jahrhundert München

König Max I. und Montgelas

galt eigentlich als eine definitive abschlagende Entschließung. In Bezug auf den Unterschied der Stände lind der Vorrechte des Adels, das ist des hohen Adels — den papierenen, wenigstens den nicht begüterten, zog er gar nicht in Betracht — waren seine Ansichten nicht unbefangen, doch verschloß er nirgends die Wege unbedingt.

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Andere Stimmen über König Maximilian I. sollen das Bild des „Vater Max" vervollständigen und aufhellen.

Der Dichter Jean Paul (Richter) kam im Juni 1820 nach München und schrieb über seinen Empfang bei Hofe unterm 13. Juni 1820 an seine Frau:

Ich war beim König, obwohl zur ungewöhnlichen Zeit, um zwölf Uhr. Bei ihm braucht man nichts von acht an bis zehn, als sich 311 melden durch den Kammerdiener. Einen solchen weit offenen, gutmütigen, unbegehrlkchen, anspruchslosen, hausväterlichen König hab' ich mir nie gedacht. Als ich ihm sagte, er sehe gesünder aus als am Fronleichnamsfeste (am schönsten ist ein König zum erstenmale bei einem religiösen Feste zu sehen,- ein kniccnder König predigt besser als ein aufrechter Prediger), sprach er wie ein Protestant gegen die katholischen Zeremonien. Sein Gesicht ist meinem ähnlich, hat aber noch weit mehr Reize. Seine Frau, sagt er, habe meine Büste, ob ich sie gesehen? Hierauf ließ er mich bei ihr anmelden, und ich sah sie km Salon. Sie ist nicht schön, aber scharfblickend, ruhig, ungeziert, ohne allen Stolz.

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Der preußische Militärkommissar und Gouverneur der preußischen Prinzen, spätere General der Infanterie Ludwig Z.A. Philipp Freiherr von Wolzogen (1773 — 1845) ist in München gewesen und berichtet darüber in seinen „Memoiren":

Im Januar 1819 besuchte ich München, ward vom König außerordentlich gnädig ausgenommen und zur Familientafel eingeladen. Dabei machte er mir die Eröffnung, sein sehnlichster Wunsch gehe dahin, daß der Kronprinz von Preußen eine seiner Töchter heirate, dann würde er ruhig sterben. Er präsentierte sie mir hierauf mit den Worten: „Sehen Sie, ich bin ein vornehmer Mann, ich fahre mit Sechsen!" Von diesen sechs Prinzessinnen waren indes erst die beiden ältesten (Elisabeth und Amalie, Zwillingsschwestern) erwachsen, und der König sprach mir die Vermutung aus, daß der Kronprinz wohl die zweite von ihnen wählen möchte, wenn er sich überhaupt zu einer solchen Liaison entschlösse. Ich erwiderte ihm, daß ich, obwohl mir der Auftrag geworden sei, den Kronprinzen in der Kriegskunst zu unterrichten, nicht aber die urs nnmncki mit ihm zu traktieren, dem ungeachtet nicht ermangeln würde, ihm den Wunsch Seiner Majestät kundzutun.

Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen, als König Friedrich Wilhelm IV., vermählte sich tat­ sächlich am 29. November 1823 mit einer Tochter Maximilians und zwar mit Elisabeth Ludovika, der am 13. November 1801 geborenen achten Tochter des Königs aus dessen zweiter Ehe.

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