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Brief von Baranoffs an F. W. Thiersch aus Luzern vom 8. Juni 1808
Der Bayer, wenn er seinen Acker oder sein Handwerk oder sein Amt redlich bestritten, will froh und heiter, ohne weitere Sorgen sein Leben genießen. Er geht dann in das Bierhaus oder ins Theater oder ins „Museum" und läßt sichs gut schmecken bei einem Gläschen Wein oder einem Journal und Roman, je nachdem sein Stand, und kümmert sich den Teufel nicht um die Fortschritte in Kunst und Wissenschaft. Jetzt sind noch eine Menge Länder hinzugekommen, die wollen regiert werden, und es sind blutige Kriege zu führen, so daß vollends an Gelehrsamkeit gar nicht zu denken. Die Bayern hatten schon lange Bibliotheken, Akademien, Schulen, Zünfte von Künstlern, nirgends aber kam etwas Gescheites heraus. Jetzt tritt ein Minister — Montgelas — auf,- dieser, der wie er und mit ihm seine zahlreichen Freunde wähnen, der Nation so viel Gutes getan, will sie auch ausklärcn, um seinen Ruhm zu krönen. Der König wird beredet, und ansehnliche Fonds sind zur Stiftung einer Akademie angewiesen. Aus dem gelehrten Auslande ruft man gelehrte Männer herbei, die gut besoldet als Aufklärer der einfältigen Nation austreten, gewaltige Anstalten machen und von ihrer Höhe herab alle Triebfedern in Bewegung sehen, um das diimme Völkchen mit Gewalt klug zu machen. Dem Völkchen aber, das schon so viel aus seinem Beutel zur Errichtung hat bezahlen müssen, gefällt dieser Hochmut der Ausländer gar nicht,- es bildet bald Partei gegen seine Aufklärer und schmäht so laut, daß ich einen sogenannten gebildeten Bayern einmal laut über Tisch von vierzig Narren, die sich zusammen eine Akademie nennen, sprechen hörte. Und jetzt wie sieht es mit der Akademie selbst aus? In der philosophischen Klasse vegetieren Jacobi, Schelling, Baader und Weiller, alle vier mit vier verschiedenen philosophischen Systemen nebeneinander,- das gibt also Kabalen und Niederträchtigkeiten, die gar kein Ende nehmen. Dabei ist der alte Jacobi doch auch ein trauriger Präsident, und durch seine niedrige Kriecherei und seinen unbegrenzten Hochmut hat er schon den Haß aller auf sich gezogen. Im Theater sah ich einmal die „Kabale und Liebe" von Schiller geben.