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Brief von Baranoffs an F. W. Thiersch aus Luzern vom 8. Juni 1808
allmählich vorüber,- der König, der Kronprinz kam zurück, Militär rückte ein, die Heirat des französischen Kaisers brachte andere und ebenso naheliegende Ideen in die Köpfe. Man hatte sich über unsere Sache ausgesprochen, und unsere Feinde, die schon so wett gewesen waren, nach Landshut zu schreiben: man möge dort nur den Aufstand beginnen und die Fremden fortschaffen, hier sei alles bereit, waren jetzt in die klägliche Notwendigkeit versetzt, ihre blinde Wut bloß in Pasquillen, die niemand mehr achtete, auszuschütten oder in Neckereien auszulassen. So wurden denn Jacobi und Feuerbach ähnliche Spässe gespielt wie dem englischen Lord in London vor einiger Zeit: man schickte ihm Handwerker, Kutscher, Weiber, Gärtner zu einer bestimmten Zeit vor das Haus, so daß die Polizei sich darein legen mußte. Dieser Unfug aber gab der Sache eine nur für die Bosheit höchst traurige Wendung. Schon war den Leuten mit der Zett die Besinnung über uns allmählich zurückgekehrt, und das üble Licht, in welchem Bayern bei dem Handel in auswärtigen Blättern erschien, das dadurch gekränkte Ehrgefühl der Bayern hatten den Unwillen noch mehr auf unsere Gegner gelenkt, eine Stimmung, die durch Trakasserien der obigen Art noch unterhalten wurde. Nun war es am Palmsonntag, eben da, wo sie durch den Handel mit meiner predigt ihren Frevel bis in unsere Kirche ausdehnten, als endlich die Nemesis auf dem höchsten Gipfel sie erreichte. An demselben Tage wurde nämlich der erwähnte Spuk kn Feuerbachs Hause getrieben: Bauernweiber, Bediente, Handwerker usw. von Unbekannten bestellt, meldeten sich mit tausenderlei Siebensachen, und zuletzt waren noch die Totenweiber gekommen, um den Herrn Geheimen Staatsrat in den Sarg zu legen, der an einer Alteration gestorben sei. — Hierdurch wurde der König, der schon früher bei Jacobis Beunruhigung dieser Art indigniert gewesen war, höchst entrüstet. Er ließ den Feuerbach, der des Iustizministers rechte Hand und Chef des Iustizwesens ist, im Staatsrat aber durch seine große Gekstesüberlcgenheit beinahe gebietet, zu sich rufen, um ihn zu trösten, und hat dabei sich mit dem größten Zorn über die Buben und ihre Bübereien (Ausdrücke, die er dabei immer gebraucht hat) ergossen.
Durch die Säkularisation der Klöster und geistlichen Fürstentümer und durch die Mediatisierung der kleineren Reichsunmittelbaren und der Reichsstädte, durch die Angliederung Frankens und der — später wieder verlorenen — Länder Salzburg und Tirol war der Umfang Bayerns beträchtlich erhöht worden.
Eine Akademie der Wissenschaften besaß Bayern seit dem 28. März 1759,- ihr Stifter war Kurfürst Max III. Joseph,- ihre ersten Mitglieder waren Lori, Linprunn, Osterwald usw. Doch war die Auswirkung der Akademie bis zu ihrer Wiederbelebung durch Montgelas nur gering. Durch die Berufung neuer Akademiker im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts sollte München dafür entschädigt werden, daß es die im Jahre 1800 aus Ingolstadt wegverlegte Universität nicht erhielt,- sie kam zunächst nach Landshut und erst 1826 nach München.
Friedrich Heinrich Jacobi, Philosoph, Freund Goethes, wurde 1743 in Düsseldorf als wittelsbachischer Untertan geboren,- 1779 war er zuerst in München, 1804 kam er zum zweiten Male. Seit 1807 war er Präsident der Akademie und blieb es bis 1813,- gestorben ist er 1819. Außer ihm wurden bei-ufen der Numismatiker Schlichtegroll (1765 — 1822), seit 1807 Generalsekretär der Akademie und später Direktor der Hofbibliothek, und der philolog Friedrich Jacobs, weiterhin Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling (1775 — 1854), der Philosoph und Pädagog I. F. Niethammer (1766 — 1848), späterer Oberkonsistorialrat, und der Historiker Professor F. Breyer. Alle diese Akademiker waren Protestanten und deshalb von der stockkatholischen Münchner Bevölkerung, von der der Geist der Aufklärung durch Männer wie die beiden Aretine sAdam Freiherr von Aretin (1769—1822), Staatsmann und Kunstsammler, Georg Freiherr von Aretin (1771 — 1843), Hofkammerrat und Landesdirektors ängstlich ferngehaltcn wurde, bestens gehaßt. Franz Xaver Baader (1765 — 1841), Philosoph, erst Oberbergral, dann Universitätsprofeffor, war Münchner und Katholik, ebenso der Philosoph und Pädagog Cajekan von Weiller (1762 — 1826), der seit 1809 Direktor aller staatlichen Lehranstalten und seit 1823 Generalsekretär der Akademie war.
Friedrich Wilhelm von Thiersch (1784 — 1860), philolog, wurde erst 1809 nach München berufen und 1813 in die Akademie ausgenommen. Seine bedeutendste Wirksamkeit entfaltete er allerdings erst später als Vorkämpfer der philhellenischen Bewegung und entscheidend im Jahre 1848 als Rektor der Universität. Als führende Münchner Persönlichkeit tritt er erst später auf. Siehe darüber in späteren Kapiteln.
Paul Johann Anselm von Feuerbach (1775 — 1833), der berühmte Kriminalist, wurde 1805 berufen.