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Ein Jahrhundert München

Der Regierungswechsel 1825

Veränderungen gewesen. In kirchlichen Dingen wird es einige Festtage mehr, einige Prozessionen, Klöster und dergleichen geben, fleißigeres Besuchen der Messe, der Beichte. Dabei aber wird es sein Verbleiben haben. Die oberen Behörden sind so beseht, daß an ein Übergewicht der Geistlichen nicht zu denken ist. Der König hat eine zu gute Natur, ein zu lebhaftes Gefühl seiner Lage und ihrer Bedürfnisse, um sich hier prciszugeben. Noch ist von ihm nichts geschehen, was mein großes Vertrauen in seine Gerechtigkeit, Unparteilichkeit und Einsicht erschüttert hätte. Ist der erste Sturm vorüber und findet er mehr Ruhe, seiner auf das Große und, ich darf sagen, Geniale gehenden Richtung zu folgen, so dürfen wir einer schönen Zukunft entgegensetzen, wenn Ruhe und Friede bleibt. Sein Grundsatz ist, daß überall das Talent, die höhere Einsicht, die Leute, die etwas machen können, sei es im Staat, in der Wissenschaft, in der Kunst, hervorgehoben werden und herrschen sollen. Den Adel, meist unbrauchbar, wird er mehr und mehr auf seine Güter senden oder zu gehen nötigen, inwiefern die Stellen im Staat weniger und geringer werden.

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Endlich zieht Professor Schubert, Ordinarius der Naturkunde an der Unkversiät München, rückschauend das Fazit in seiner Selbstbiographie:

Der teuere, geliebte Landesvater König Maximilian starb, von seinem Volke tief betrauert, am 13. Oktober 1825 in einem noch kräftigen Alter, dessen Ende nicht so nahe schien. Der Kronprinz Ludwig war jetzt König geworden und konnte mit selbst- ständig freier Kraft die Hand an die große Aufgabe seines Lebens legen: das Volk, welches seiner Obhut befohlen war, nicht nur zu einem äußeren Wohlbefinden, son- dern zu einem inneren geistigen zu erheben. Religion vor allem, in ihrem Dienste die Kunst von höherer Weihe, sowie ein vielseitiges, gründliches Erkennen sollten das Leben des Geistes wecken, bekräftigen und veredeln. Der Mittelpunkt seines Wirkens sollte München sein,- darin hatte er schon als Kronprinz jener Kunst den Einzug eröffnet, welche die ernste Bedeutung ihres Berufes kennt,- zu ihr sollte sich jetzt eine andere Pflegemutter des geistigen Lebens, die Wissenschaft, gesellen, welche selber weiß und lehrt, was sie wissen und lehren soll. Wie eine Hochschule der Künste, so sollte München auch eine Hochschule der Wissenschaften werden. Schon äußerlich wurde hierzu der Grund gelegt durch die Aufnahme der Universität Landshut in die Hauptstadt. Gleich nach dem Antritte seiner Regierung begann König Ludwig die Ausführung dieses kn seinem Geiste längst gereisten planes, und in Zett von einem Jahre stand neben der neu aufblühenden Pflanzanstalt der Künste eine neu auflebende der Wissenschaften da. Die Lehrerstellen an dieser waren zunächst durch jene ehrenwerten Männer besetzt, welche aus Landshut mit herüberkamen, oder die als Mitglieder der schon bestehenden Akademie der Wissenschaften in München lebten.

Rlngseis, der zur hoch katholischen Partei gehörte, war begreiflicherweise ein Gegner der antikirchltchen Aufklärungspolitik, die Maximilian I. Joseph, von Montgelas beraten, getrieben hatte, und erhoffte viel von Ludwig, dem man sehr kirchliche Gesinnung nachsagte, llbrigens hatte Maximilian Joseph mit dem Konkordat und mit dem sogenannten Tegernseer Edikt seine frühere gegenkirchliche Politik selbst ein- geschränkt. Unter ihm war im Vollzug des Konkordats München auch Sitz des Erzbistums geworden, und Lothar Anselm von Gebsattel wurde am 1. November 1821 als erster Erzbischof feierlich eingeweiht. Die Königin: Friederike, Wilhelmine, Karoline, geborene Prinzessin von Baden (1776 — 1841), seit 1797 mit Max Joseph vermählt, dessen zweite Gattin sie war. Prinz Karl (1795 — 1875), der fünstgeborene Sohn des Königs, seit 1841 Feldmarschall von Bayern. Prinzeß Marie, geboren 1805, heiratete 1833 den nachmaligen König Friedrich August von Sachsen.

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