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Das Rathaus
und Wilhelm empörte, und das bisherige Stadtregiment durch ein neues demokratisches gestürzt ward. Dann die Beratungen, Wahlen und Verpflichtungen der Hauptleute in kriegerischen Zeitläuften, wie in den eben genannten Jahren und den endlosen Fehden der Stadt mit etlichen meist ritterbürtigen Feinden, die sich durch das ganze 15. Jahrhundert hinzogen. Ferner mußte der, laut fürstlichen Wahlbriefes vom Jahre 1403, alljährlich neu erwählte innere Rat, sogleich nachdem er bei Hofe dem Landesfürsten geschworen hatte, den äußeren Rat erwählen und die Gemeinde auf den Rathaussaal besenden, wo dann der äußere Rat der Gemeinde und hinwieder diese dem gesamten Rat den Treueid leistete. Auch pflegte im Rathaussaal dem jeweiligen neuen Landesherren die Erbhuldigung abgelegt zu werden, wonach der Fürst feierlich der Stadt ihre hergebrachten Freiheiten und Rechte bestätigte. Die Landstände versammelten sich gleichfalls auf dem Rathaus, bis sie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein eigenes Haus auf dem Marienplatz, das erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts abgetragene Landschaftshaus, erwarben. Heute befindet sich das Haus der Landstände, d. h. des Landtages, bekanntlich in der Prannerstraße.
Der große Saal des Rathauses diente jedoch auch zu Lustbarkeiten, Tänzen, Festtafeln, Schauspielen, die bei fürstlichen oder patrizischen Hochzeiten, zu Ehren fremder Gäste, oder in der Fastnacht stattfanden. So feierten im Februar 1403 (noch vor dem letzten Neubau) die Münchner rebellischen Bürger mit ihren Frauen luftig Fastnacht auf dem Rathaus, als schon die starke bewaffnete Macht der vertriebenen Herzoge Ernst und Wilhelm zwei Stunden vor der Stadtmauer lagerte. In späterer Zeit gab es Bälle und Redouten im Rathaus; mehrmals war auch ein Theater dort errichtet. Solange das Lottospiel bestand, fanden die Ziehungen im Rathaussaal statt, und die gezogenen Glückenummern wurden unter Pauken- und Trompetenschall von dort verkündigt. Das geschah vom Mittelfenfter der Westfront, dem gleichen, das am Tage einer Hinrichtung rot behangen war, und aus dem dann das Todesurteil dem armen Sünder nochmals verlesen und der Stab über ihn gebrochen ward. — Auch der Vollzug der meisten Strafurteile erging angesichts des Rathauses auf dem großen Platz. Hier stand der Pranger, wo die leichteren Verbrecher zur Schau gestellt und ausgepeitscht oder gebrandmarkt wurden; vor der späteren Hauptwache (auf der Westseite des Platzes, am Eingang zur Weinstraße) stand der Strafesel, darauf straffällige Soldaten reiten mußten. Auf dem Marktplatz ward der Galgen errichtet, an dem der „Goldmacher" Bragadino, ein venetianischer Betrüger, unter Wilhelm V. 1591 aufgehängt wurde, mittelst eines golddurchwirkten Strickes. Seine zwei schwarzen Hunde, weil sie für verlarvte Höllengeister galten, wurden mit ihm erschaffen. — Oft genug wurde auch das Blutgerüst hier aufgeschlagen. Die harte Rechtspflege früherer Zeiten ließ sich nur selten so anmutig erweichen, wie im Falle des jungen, hübschen Burschen, der anno 1427 von der Bleiche Leintücher gestohlen hatte und dafür den Tod erleiden sollte. Die Frauen der Stadt baten, von der Wohlgestalt des Diebes gerührt, einmütig um Gnade für ihn, und der Rat gab dem Flehen nach und bestrafte den hübschen Galgenvogel nur mit Stadlverweis. Das Bild der alten blutigen Gerichtsbarkeit aber spiegelt sich in der Sage von