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München in guter alter Zeit

Sechstes Kapitel - Auf dem Marktplatz

Nur ein alte Haus, vielleich aus dem XIII. oder XIV. Jahrhundert, stand noch bis in unseres herein, ist aber nun auch längst verschwunden. An demselben führte die Treppe in den ersten Stock unmittelbar von der Straße hinauf, wie an dem wohl ziemlich gleich alten Hause Nr. 5 an der Hochbrückenstraße, das dermal dem Tändler Herrn Math. Wiehler gehört.

Die Mariensäule in der Mitte des Marienplatzes errichtet Kurfürst Maximilian I. 1638 aus Dankbarkeit für seinen 1620 am weißen Berg be Prag erfochtenen Sieg über seinen Vetter Friedrich von der Pfalz. Das Andenken an diese Schlacht wurde bis 1773 alljährlich gefeiert, in diesem Jahr aber diese Feier als unchristlich untersagt.

Aber außer frommen Betern, Sondwendfeuern und Turnieren zu Schimpf und Ernst hat der alte Markplatz der guten Stadt München noch gar manches ernste und heitere Schauspiel gesehen. Der ersteren aber waren, wie so der Welt Lauf, weit mehr.

Der Zerstörung der ersten herzoglichen Münze ist schon eben gedacht worden. Auch die Bürgeraufstände von 1385 und 1397—1403 spielten sich zum großen Theil auf dem Marktplatz ab, wie denn im ersten Hans Impler und im zweiten Thomas der Haidfolk, Konrad der Trienner und Ulrich von Strohmair daselbst mit dem Schwerte vom Leben zum Tode gebracht wurden. Auf dem Marktplatz war es, wo sich die Bürgerfähnlein sammelten, ehe sie 1322 mit Kaiser Ludwig gegen Friedrich den Schönen und hundert Jahre später mit den Herzogen Ernst, Wilhelm und Heinrich, ihre Hauptleute Hans Barth, Lorenz Schrenk, Franz Dichtl und Franz Püttrich an der Spitze, gegen Ludwig den Gebarteten von Bayern-Ingolstadt zogen, seine Stadt Friedberg nahmen und den auf Ueberfall der Stadt Sinnenden dei Alling nach zweitägigem Kampfe zurückwarfen.

Auf dem Marktplatz erhob sich, als Kaiser Carl V. am 10. Juni 1530 mit großem Pomp in München einzog, ein zierliches Schloß von Holz und Leinwand, das, nachdem aus demselben einige hundert Schüsse und Freudenfeuer losgebrannt worden, in Flammen auflodern mußte. Ueber den Marktplatz ging am 22. Februar 1568 der festliche Hochzeitszug Herzog Wilhelm V. und Renatas von Lothringen von der neuen Veste zur Kirche Unsrer lieben Frau, wobei die Braut ein Kleid von Brokat mit silbernen und purpurnern Streifen und der Bräutigam einen purpurrothen Sammtmantel trug, der noch heute im bayerischen Nationalmuseum zu sehen ist.

Auf dem Marktplatze wurde am 26. April 1591 der Venetianer Marc Antonio Bragadino an einem roth angestrichenen Galgen mit einem vergoldeten Strick gehaängt, weil er dem Herzog Wilhelm V. vorgeschwindelt, er könne Gold machen. Gleichzeitig wurden zwei ihm gehörige große schwarze Hunde erschossen, weil man sie für verlarvte Höllengeister hielt.

Auf dem Marktplatze ließ der Schwedenkönig Gustav Adolf noch am Tage seines Einzuges in München ein paar Galgen aufstellen, um jeden Soldaten daran hängen zu lassen, der die Bürger an Leib oder Gut schädigen würde. Und sie blieben auch wirlich nicht leer. Trotzdem wurde von den Schweden gestohlen und geplündert, wobei freilich die sächischen Prinzen Bernhard und Wilhelm, Pfalzgraf Friedrich von der Pfalz und Feldmarschall Horn sammt anderen Offizieren mit schlechtem Beispiele vorausgingen, von dem Könige zu schweigen, der aus der Bibliothek und Kunstkammer eine Menge werthvoller Dinge mit fort nahm.

Auf dem Marktplatze wurden anch der unglücklichen Bauernschlacht am Christtag 1705 der Lieutenant von Lange, Adjutant Abel und Eisenhändler Senser von den Oesterreichern als Anführer enthauptet, der Weinwirth Johann Jäger „wegen des Lasters der beleidigten Majestät, absonderlich aber, weil er bei der verdammten Rebellion ein Rädelführer und an dem Blutbad der Bauern Ursacher gewesen, mit dem Schwert hingerichtet, der tothe Hörper publice geviertheilt, der Kopf auf dem Isarthurm, die vier Theile aber im Burg-Frieden aufgestellt“.

Auf demselben Marktplatze wurde am 9. April 1715 dem anch zwölfjähriger Abwesenheit heimgekehrten Kurfürsten Max Emanuel, dessen Wagen das Volk von der Kaufingergasse dahin gezogen hatte, vom Bürgermeister und zwei Ratsherren nach altem Herkommen in goldenem Pokale der Willkommenstrunk kredenzt und erhob sich der schwer geprüfte Fürst mit dem Becher im Wagen, laut rufend: „Heil meinem braven, unerschütterlich treuen Volk! Heil Baiern!“

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