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München in guter alter Zeit

Zwölftes Kapitel - Hof, Adel und Beamte.

P. Frank den Baron zum besseren Unterricht im katholischen Glauben einen Monat lang im Franziskaner-Kloster gefangen halten.

Seine uneheliche Tochter, Elenore Gräfin von Leiningen-Guntersblum, entlief mit einem französischen General und der Kurfürst selber ließ von seinem Hofmusikus und Hofnarren Pranger die angesehensten Männer verhöhnen, während der Sage nach seine junge Gemahlin ihren Gästen Katzen, Mäuse, Ratten, Fledermäuse u. s. w. vorsetzen ließ, um sich an ihren Ekel zu ergötzen. So sank die Achtung vor dem Hof immer mehr. Zudem wußte das darbende Volk, daß im Hausschatze ungeheuere Barsummen lagen, die für Staatszwecke auch nur auszuleihen der Kurfürst nicht zu bewegen war. Sie waren eben für seine Kinder bestimmt. Und dabei betrug das Jahresbuget für den Hof allein weit über eine Million. Gastmähler und Lustfahrten, Tänze und Spiele, Theater, Liebschaften und ernste Geschäfte erhielten den Hof fortwährend in Athem. Daneben wurden die Kirchenfeste mit altem Glanze und hörte der Kurfürst jeden Sonn- und Feiertag in der Herzogspitalkirche am Altar mit dem wunderthätigen Marienbild die Messe.

Von Carl Theodor's Prachtliebe, der er Millionen opferte, zeugten seine reizenden Gartenanlagen, seine prächtigen Paläste, seine unvergleichlichen Concerte, seine zauberhaften Schauspiele.

Sein Hofpersonal bestand aus nicht weniger als 4106 Seelen, welche in sechs Stäben vertheilt waren. Da finden wir unter Anderen 23 Hof-Geistliche, 16 Leibmedici und Leibchirugen sammt 8 Hofmedici und Hofchirugen, 16 Hoftapezierer, 96 Kämmerer, 6 Truchsessen, 67 Mann Küchenpersonal, 12 Conditoren, 3 Oberststallmeister, 16 Edelknaben, 35 Kammer- und Hoflaquaien, Läufer u. s. w.; 11 Heiducken, 38 Vorreiter, 3 Oberstsilberkämmerer, 2 Oberst- und Vice-Oberstjägermeister, 24 Piqueurs, 61 Gejaid-Tuchterknechte, 24 Sänger und Sängerinnen, 62 Instrumentalisten, 27 Tänzer und Tänzerinnen, 26 deutsche Schauspieler u. s. w. Außerdm hatte der Kurfürst noch eine Trabanten- und Hartschiergarde von dreihundert Mann.

In der kurfürstlichen Residenz, deren Reichtun weit über Bayern hinaus berühmt war, versammlete saich die Creme der Gesellschaft, und da war es besonders die sogenannte grüne Galerie mit den beiden dazugehörigen Zimmern, welche zum Mittelpunkt der vornehmen Versammlung diente, die oft über einhundert fünfzig Cavalire und Damen im blendesten in blendesten Anzuge zählte. Bisweilen waren auch noch die acht Kaiserzimmer geöffnet und alle Räume von dem Scheine von tausend Wachskerzen erhellt.

Den am Hofe lebenden Adel beurtheilt Riesbeck in seinen Briefen eines reisenden Franzosen höchst ungünstig. „Unter dem großen Adel gibt es, wie überall, ausgebildete und sehr artige Leuthe; aber überhaupt genommen ist er im ganzen Umfange des Wortes Pöpel, ohne alles Gefühl von Ehre, wenn nicht ein großer Titel und Bänder und Sterne ausschließlich Ehre heißen, ohne Erziehung und ohne Thätigkeit für den Staat, ohne alles Gefühl für sein Vaterland, ohne alle Empfindung von Großmuth. Die meisten Häuser, von denen mehrere 15 bis 20 und einige wohl auch 30 bis 40 Tausend Gulden Einkünfte haben, wissen von gar keiner anderen Verwendung ihres Geldes, als zu essen, zu trinken, zu h— und zu spielen. Das Spiel hat schon viele gute Häuser zu Grunde gerichtet. Das jetzt regierende Lieblingsspiel der Hofleute heißt Zwicken; seitdem aber Finanzminister Hombesch die Besoldungen so entsetzlich zwickt, nennen sie es Hombeschen. — Viele Hofdamen kennen außer dem Bette keine andere Beschäftigung, als mit ihren Papageien, Hunden und Katzen zu spielen. Eine der vornehmsten Damen, die ich kenne, hält sich einen großen Saal von Katzen, und zur Bedienung derselben 2 - 3 Zofen. Sie bespricht sich halbe Tage weg mit denselben, bedient sie oft selbst mit Kaffee und  Zuckerbrod und putzt sie nach ihrer Phantasie täglich anders auf“.

„Der kleine Adel und die eigentlichen Hofbedienten schleppen sich mit einer erbärmlichen Titelsucht. Ehe der jetzige Kurfürst (Carl Theodor) hieher kam, wimmelte es hier von Excellenzen, gnädigen und gestrengen Herrn. Das Lächerliche der Titular fiel dem jetzigen Hof auf, weil sie in Mannheim nicht üblich war. Es erschien eine neue Verordnung, welche deutlich bestimmte, wer Excellenz, Euer Gnaden und Euer Getrengen heißen sollte. Die, welche durch diese Verordnung“

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