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Münchener Stadtbuch

XVIII Das Rathhaus.

Allein nicht blos zu amtlichen Zwecken, sondern auch zu Erholungen und Vergnügungen wurde dieser große Saal benützt. Zur Fastnachtszeit, bei vornehmen Hochzeiten der Fürsten oder der Patrizier, bei anderen festlichen Gelegenheiten, z. B. bei der Anwesenheit fremder fürstlicher Personen wurden Bälle, Tafeln, Schauspiele und andere Kurzweil in demselben gegeben, so daß er in den Rechnungen häufig als „Tanzhaus“ bezeichnet wird; von seinen Fenstern aus sahen die Fürsten, der Adel und die Damen den auf dem Platze unten stattgefundenen Turnieren oder anderen Aufzügen zu. Ja selbst in späterer Zeit finden wir solche Benützung dieses Saales. So veranstaltete ein Herr von Duclos mit Erlaubniß des Bürgermeisters von Schobing im Jahre 1716 daselbst die erste Redoute. Der letzte Ball, der in diesem Saale gegen wurde, war jener Freiball, welchen im Jahre 1789 die Bürgerschaft zur Feier der Rückkehr des Kurfürsten Karl Theodor veranstaltete.

Im Jahre 1760 sehen wir sogar ein Theater in dem großen Saale errichtet, Mit Bewilligung des Magistrates und gegen Entrichtung einer Summe führten die Stadtmusiker darin während der Fastenzeit sogenannte Passionstragödien auf, und ward dazu eine Bühne, Orchester, ein Parterre mit zweiundzwanzig gesperrten Logen, worunter zwei Fürstenlogen, nebst Garderobe- und Ankleidezimmer hergestellt. Eine Truppe franzöischer Schauspieler hatte im Jahre 1761 die Erlaubniß erhalten, in diesem Saale Vorstellungen zu geben. Nochmals wurde derselbe im Jahre 1827 von einer Gesellschaft Adelicher zu theatralischen Vorstellungen in französischer Sprache zum Besten der Armen benütz.

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