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Münchener Stadtbuch

XVIII Das Rathhaus.

Aber auch zu anderen weniger erfreulichen Zwecken diente der große Rathhaussaal. War in alten Zeiten ein Verbrecher zum Tode verutheilt, so hing aus dem Mittelfenster der westlichen Facade vor der Hinrichtung ein rothes Tuch heraus, von diesem Fenster aus wurde dem armen Sünder das Todesurtheil nochmals verlesen und der Stab über ihn gebrochen. Von eben diesem Fenster aus aber schmetterten auch die Trompeten und wirbelten die Pauken bei den Ziehungen des in neuerer Zeit glücklich heimgegangenen Lotto.

Nicht minder traurig waren aber auch die Stimmen des Aufruhres und der wilden Leidenschaft, welche diesen Saal durchtosten, in den Jahren 1397 – 1403, wie wir bereits in dem vorhergehenden Abschnitte erzählt haben, war dieser Saal Zeuge der heftigen Kämpfe der Bürgerschaft Münchens gegen ihre Herzoge und des Umsturzes des bisherigen Stadtregimentes durch die demokratische Partei. Die Ccenen des Jahres 1848, wo eben dieser Saal von einer entfesselten tobenden Menge angefüllt war und von ungezügelten Reden und wüstem Geschrei seine Wände erzitterten, ist noch in unser Aller Andenken!

Doch – wir hoffen – solche trüben Erinnerungen tönen nur mehr aus verklungenen Zeiten. Möge dieser Saal sich nur mehr öffnen zu den Segnungen des Friedens und der Bürgereintacht!

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