Alte Bücher

 Seite 303


Münchener Stadtbuch

XXVIII. Ein Bäckersohn von München.

1553.

transferirt worden waren, die heilige Messe und stiftete in diese Pfarrkirche auf den 11. Juli ein Meßstipendium. In dem darüber ausgestellten Stiftungsbriefe nannte er sich: „Wir Melchior Klesel, nominirter Bischof zu Wien, Administrator des Bisthumes Neustadt, römisch kaiserlicher Majestät Rath und Hofprediger." —  Am 22.Juli hielt er in der Frauenkirche eine Predigt unter großem Zudrange des Volkes.

Am 3. Juni 1612 wurde Mathias durch einstimmige Wahl der Kurfürsten zum deutschen Kaiser ernannt. Die nächste Folge dessen war die Erhebung des Melchior Klesel zum Kardinale. Die religiösen Wirren nahmen in der Zeit fortwährend zu, in Böhmen hatten die Unruhen begonnen, die den Ausbruch des dreißigjährigen Krieges herbeiführten. Der friedliebende Kaiser Mathias, alt und kränklich, dazu ohne bereite Heeresmacht, ohne zureichende Geldmittel, neigte sich zur Nachgiebigkeit gegen die aufrührischen Böhmen; in diesen Gesinnungen wurde er namentlich von seinem einzigen Vertrauten, dem Kardinal Klesel, der sich allen von den beiden Brüdern des Kaisers, den Erzherzogen Ferdinand und Maximilian vorgeschlagenen kriegerischen Maßregeln eifrigst und energisch widersetzte, unterstützt. Da beschlossen die beiden Erzherzoge, des Kaisers vertrauten Rath, der ihren Ansichten im Wege stand, mit Gewalt zu entfernen. In der Hofburg zu Wien wurde Melchior Klesel eines Abends ergriffen gefangen und unter der unwahren Beschuldigung des Einverständnisses mit den böhmischen Protestanten in ein Kloster in Tirol geführt.

Der römische Hof nahm diese Eingriffe in seine geistlichen
 

 Seite 303