Alte Bücher

 Seite 395


Münchener Stadtbuch

XXXV. Die Brände in der Residenz zu München.

1. Der Der große Residenzbrand im Jahre 1674.

entreissen, was keine kleine Schwierigkeit war. Hierauf gab die Kurfürstin dem Grafen Wahl, Kammerherrn des Kurprinzen, der nur noch Zeit hatte seine Beinkleider anzuziehen, und dem jungen Marquis de Beauvau, dem Sohne des vorgenannten Hofmeisters, der in einem nahen Zimmer sich befand, den Auftrag, sich zu den Garden zu Pferd zu verfügen, um mit diesen aus der Umgebung der Residenz Leute zur Hilfe herbeizuschaffen.

Allein, leider fehlte jegliche Art der Hilfe ! Denn obgleich von dem vorigen Kurfürsten Mar I. mit großem Kostenaufwande die nöthigen Feuerlösch-Requisiten hergestellt und deren Bewahrung und Erhaltung mit großer Sorgfalt überwacht wurde; obgleich die zweckmäßigsten Anordnungen und Vorsichtsmaßregeln für den allenfallsigen Eintritt eines solchen Unglückes getroffen waren, so zeigte sich, daß alle diese Anordnungen und Befehle gänzlich vernachläßigt worden waren. Es war in den Reservoirs der Gänge und auf den Dachböden nicht das geringste Wasser vorhanden, die Feuerlösch-Requisiten waren in der größten Unordnung und theils sogar unbrauchbar; ja es kam in die Bewohner der Residenz eine solche Verwirrung und Kopflosigkeit, daß man nicht einmal die Schlüssel zu den versperrten Residenzthoren finden konnte, sondern letztere einbrechen mußte, um den jungen Beauvau zur Vollziehung der erhaltenen Befehle hinaus zu lassen! Aber nicht genug an diesen Hindernissen, noch anderweitige Widerwärtigkeiten stellten sich jeder rechtzeitigen Hilfe entgegen! Der' junge Marquis de Beauvau versuchte vor Allem die Oeffnung der Stadtthore, welche jede Nacht geschlossen wurden, zu veranlaßen, um namentlich aus der Vorstadt
 

 Seite 395