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Münchener Stadtbuch

XXXVI. Die Ordensschwester Clara Hortusana im Kloster am Anger.

1680.

auf die in dem Kloster also genannte St. Anna Kapelle gegangen, allda ihr Gebet zu verrichten. Gleich darauf, als sie zu beten anfangen wollte, sind etliche Seelen aus dem Fegefeuer zu ihr gekommen und sagten: Hortulana! es steht dir ein großer Kampf bevor, streite, überwinde, und schenke uns deine Verdienste! Nach diesen Worten verschwanden sie wieder. Hortulana wollte fortfahren zu beten, konnte aber nicht, indem alsbald eine große Anzahl Teufel zu ihr kamen, mit großem Grimme, als wenn sie sie in Stücke zerreissen wollten, und ihr zuriefen: Du mußt mit uns, du mußt mit uns!! Mit diesen Worten eröffneten die Teufel ihr die Hölle und zeigten ihr in derselben einen entsetzlichen Ort, ihr zurufend: dieser Sitz gehört für dich! Sodann setzten ihr die Teufel mit allen möglichen Versuchungen so zu, daß sie meinte, sie müße verzweifeln. Aber sie wendete sich zu den Teufeln und redete sie also an: Jhr vermaledeiten Teufel! weichet von mir, mein allerliebster Jesus hat für meine Sünden genug gethan, also hoffe ich auf seine unendliche Barmherzigkeit! Auf diese Worte singen die Teufel an „entsetzlich zu plärren," verschwanden mit großem Grimme, und überließen der heroischen Heldin den Sieg. Während dieses Streites aber, welcher drei Stunden lang wahrte, kam eine arme Seele hinauf zu der oberen Winde, und hat mit der Ordinari-Glocke (welches sonsten niemals geschieht, auch in der größten Noth nicht, weil in solchem Falle die Schwestern ein anderes kleines Glöckchen zu läuten pflegen), hinaus zu ihrem geistlichen Vater geläutet, und zwar sechsmal, so daß der Beichtvater sich hierüber sehr entsetzet, und hin und her gelaufen, um zu fragen,

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