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Münchener Stadtbuch

XXXVIII. München im spanischen Erbfolge-Kriege

Sendlinger Mordweihnachten. 1705 - 1715.

der Graf von Löwenstein-Werthheim vorstand; neben, ihm Graf von Lamberg für Kriegssachen, von Mollart und von Seeau für Finanzen und Freiherr von Tastung für Polizei.

Der bald darnach folgende Tod des Kaisers — er starb am 5. Mai 1705 — brachte keine Linderung der Sachlage, vielmehr steigende Härte und Rücksichtslosigkeit, denn sein Nachfolger, Kaiser Josef I., hegte noch ingrimmigeren Haß gegen Bayern, als sein Vater. Die Bedrückungen aller Art gegen die Unterthanen stiegen aufs höchste; plündern und rauben, brennen und mißhandeln war an der Tagesordnung. Das verzweifelnde Volk, das alle seine rührenden Vorstellungen und Bitten mit verächtlicher Gleichgiltigkeit und empörendem Hohne zurückgewiesen sah, konnte diesen Zustand nicht länger ertragen. Es wurden im Lande heimlich Waffen gesammelt und vergraben, man versicherte sich der versprengten oder abgedankten Soldaten, Anführer standen heimlich an der Spitze, man berieth sich im Verborgenen, man wollte an einem Tage sich erheben und die Feinde bekämpfen, wo möglich einen festen Platz an der Donau erringen, und mit einem Schlage sämmtlicher Besatzungen los werden. Boten zogen zu diesem Zwecke Land auf Land ab. Es konnte nicht fehlen, daß die gefährliche Stimmung des Volkes und die drohenden Anzeichen eines sich erhebenden Sturmes den feindlichen Machthabern gänzlich verborgen blieben; nur durch einen unglücklichen Zufall wurde der schon vorbereitete Aufstand verrathen. Der Hofkammerrath des Kurfürsten, Freiherr von Lier, kam Anfangs des Frühlinges 1705 mit Briefen seines Fürsten

 

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