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Münchener Stadtbuch

XLIII. Die eingekerkerte Nonne im Kloster am Anger.

1742.

bei den barmherzigen Brüdern weiteren Unterricht in der Wundarzneikunst, bei einem Hofmusikus im Orgelspielen und Gesang, und bei den englischen Fräulein im Nähen, Sticken und Blumenmachen erhielt.

Im Jahre 1749 in ihrem sechszehnten Lebensjahre wurde sie dann nach erstandener Prüfung als Novize im Kloster aufgenommen, und erhielt den Klosternamen Magdalena von den Füßen Christi. Nach vollenendetem Noviziate kam die Zeit, die Profeß abzulegen. Unter großen Feierlichkeiten erfolgte ihre förmliche Einkleidung. Ihr und ihrer Aeltern sehnlichster und höchster Wunsch war erfüllt, das Glück der Tochter war begründet! Ach, während des Noviziates hatte sie nur die schöne Aussenseite des Klosterlebens erschaut, die Schattenseite verhüllte man sorgfältig vor ihren Augen!

Drei Jahre vergingen, ohne daß die Ruhe unserer Marie, oder wie sie jetzt hieß, Magdalena, wesentlich getrübt  wurde. Zwar hatte sie während dieser Zeit mancherlei Erfahrungen gemacht, welche ihr das Klosterleben nicht mehr in so rosigem Lichte erscheinen ließen; allein dieß störte noch nicht ihre Ruhe, denn welcher Stand auf Erden ist ganz frei von Unannehmlichkeiten, Beschwerden und Täuschungen? — Aber es sollte bald anders kommen.

Der Franziskanerpater Olympius wurde nun erster Beichtvater der Nonnen, und hatte in dieser Eigenschaft großes Gewicht und Machtvollkommenheit im Kloster; selbst die Aebtissin that nichts ohne seinen Rath und Zustimmung. Pater Olympius fand nun, daß die Schwester Magdalena schön und liebenswürdig sei, und wählte sie zum Ziele seiner unlautern Begierden. Um sie öfter zu sehen,

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