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Münchener Stadtbuch

XLV. Der Jungfernthurm und die eiserne Jungfrau.

in die letzten Lebenstage des Kurfürsten Karl Theodor 1799 verlegt, und mit erfundenen Nebenumständen und Liebesabentheuern ausschmückt. Allein über solche geheimnißvolle Handlungen zur Zeit des Kurfürsten Karl Theodor liegen uns keine aktenmäßigen Nachweise vor; denn als nach dem Tode desselben sein Nachfolger Kurfürst Maximilian Josef, später König, unterm 26. März 1799 den Befehl gab, die Verhandlungen des geheimen Ausschusses zu untersuchen, fanden sich von diesen nur die seit dem Jahre 1796 vor; alle früheren waren vernichtet. Der Scharfrichter von München, über solche Vorgänge vernommen, gab an, daß er einmal in der Residenz eine ihm unbekannte Person habe hinrichten müssen.

Daß nun aber die Sage von der eisernen Jungfrau im Jungfernthurme zu München eine weit ältere ist, und erst später in die Zeiten Karl Theodors versetzt worden sei, geht daraus hervor, daß zu Zeiten dieses Kurfürsten und noch viel früher im Volke die Sage dahin ging, es sei in alten Zeiten im Jungfernthurm die heilige Vehme gewesen. Diese ältere Sage wird uns von Lipowsky in seiner Urgeschichte Münchens aufbewahrt.

Die Sage von einer eisernen Jungfrau als Hinrichtungs-Maschine kommt in mehreren Städten und Orten vor, und es ist begreiflich, daß sich die Phantasie gerne des Schauerlichen dieses Gegenstandes bemächtigte. Aber an keinem Orte, wo sich der Sage nach eine eiserne Jungfrau befunden haben soll, wurde diese Maschine noch vorgefunden, und es fehlt daher aller Nachweis und

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