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Münchener Stadtbuch

XLV. Der Jungfernthurm und die eiserne Jungfrau.

mit ihm alle Glaubwürdigkeit, daß je eine solche als Hinrichtungs-Werkzeug existirt habe. Eine einzige Maschine, die mit dem Namen der eisernen Jungfrau belegti st, hat sich bis auf unsere Zeiten erhalten; sie befindet sich in der Dietrichstein'schen Sammlung zu Geistritz in Niederösterreich, und soll dieselbe früher in Nürnberg gewesen sein. Allein nach der Abbildung, welche uns M.F.Rabe in seiner Schrift über die eiserne Jungfrau und das heimliche Gericht im k. Schloße zu Berlin (Berlin 1847) davon gibt, war dieses Instrument lediglich nur ein Tortur-Werkzeug. Es hat dasselbe nämlich so ziemlich die Form eines Sessels mit spitzigen Nägeln an dem Sitze, dem Rücken und den Armen, auf welchen der, der peinlichen Frage (Tortur) zu unterwerfende Verbrecher gesetzt und so lange gefoltert wurde, bis ein Geständniß seines wirklichen oder eingebildeten Verbrechens erfolgte. In Berlin selbst ist in dem Inventare über die Geräthschaften des dortigen Stadthofgefängnisses vom Jahre 1718 eine eiserne Jungfrau unter den Folterwerkzeugen aufgeführt.

Alle schauerlichen Sagen von der eisernen Jungfrau und deren geheimnißvollen Hinrichtungen möchten daher in das Reich der Märchen gehören.

Aber auch die Geschichte des Jungfernthurmes in München weiset uns mit vollster Bestimmtheit die Unwahrheit und Unmöglichkeit dieser Sage nach.

Die Münchener Bürger entschlossen sich schon im Jahre 1430, die Stadt stärker zu befestigen, theils aus Furcht vor den „bösen Ketzern in Behaim" (den Hussiten), theils

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