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Münchener Stadtbuch

L. Alte Gebräuche und Sitten

16. Taufe, Hochzeit und Sterben.

Kinder bekamen einen Kranz um den Kopf und um die Hände, und wurden binnen vierundzwanzig Stunden begraben. Man setzte auf ihre Särglein Kronen und fuhr in Kutschen zum Kirchhofe.

Bei dem Tode junger lediger Personen beiderlei Geschlechtes, die schon zur Kommunion gegangen, legte die Seelnonne vor das Haus ein Kreuz von Stroh, auf dieses einen gewöhnlichen Ziegelstein, und auf diesen eine Krone, welche bei Nacht weggenommen und des andern Tages wieder hingesetzt wurde und da so lange stehen blieb, bis die Leiche fortgetragen ward. Die Leiche, deren Sarg mit nach der Reihe stehenden Kronen geziert war, wurde nach sechsunddreißig Stunden von vier bis sechs Männern zu Grabe getragen.

Bei Verheirateten legte man blos das Kreuz und den Stein, jedoch ohne Krone auf den Sarg, und wurde eine solche auch nicht vor das Haus gelegt. Erwachsene Personen wurden erst nach achtundvierzig Stunden begraben.

Wo man eine Leiche bei einer Kirche vorübertrug, wurde geläutet. Kinderleichen begleitete kein Mann, und Frauenzimmer nicht die Leichen der Erwachsenen. Bei dem Seelengottesdienste aber fanden sich beide Geschlechter ein. Wie der Kauf die Miethe, so brach auch der Tod dieselbe, und der Hausherr mußte die Kündung der Wohnung für das laufende Ziel annehmen, so lange die Leiche im Hause lag.

Die Leichen gemeiner Personen und Armer begrub man früh Morgens; die der Bürger nach der Vesperzeit, und dann war je vornehmer der Rang, je später gewöhnlich die Stunde des Leichenbegängnisses; doch wurden Leute von Rang auch um die Mittagsstunde begraben. Bei vornehmen Leichen gingen die Hauptkläger in der „Gugel" nämlich in einem langen schwarzen Mantel und einer schwarzen Kapuze über den Kopf. Zum Begräbnißorte fuhr bei Erwachsenen Niemand, sondern man pflegte zu Fuß auf den Kirchhof sich zu begeben.

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