Alte Bücher

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Münchener Stadtbuch

L. Alte Gebräuche und Sitten

16. Taufe, Hochzeit und Sterben.

Stirbt Jemand in der Stube, so sollen allsogleich die Fenster ausgemacht werden, damit die Seele hinausfahren kann. Dem Todten soll man Geld in den Mund legen, damit er, wenn er einen verborgenen Schatz hinterlassen habe, nicht umgehen und spucken dürfe.*) Wenn einer Leiche im Sarge ein Band von der Todtenkleidung zum Munde geräth, so saugt sie so lange daran, bis demnächst wieder ein anderes Glied ihrer Familie stirbt. Wer in der Kirche krank wird, der geneset nicht leicht. Hat ein Kranker Hühner- oder Taubenfedern unter sich im Bette, so stirbt er hart. Wenn man an Blumen oder Kränzen riecht, die zum Begräbniß gehören, so verliert man den Geruch. Wenn man von einem Rosmarinstrauche ein Zweiglein einem Verstorbenen in's Grab mitgibt, so verdirbt der Stock, sobald das Zweiglein im Grabe zu faulen ansängt. Legt man einen Nagel von einer Todtenbahre unter die Thürschwelle, so kann kein Dieb hereintreten (dürfte in unfern jetzigen Zeiten sehr praktikabel sein); steckt man einen solchen Nagel an die Stelle, wo ein Pferd gestanden, so kann es nicht weiter und muß stehen bleiben. Sieht das Gesicht einer Leiche roth aus, so stirbt bald noch Jemand aus der Freundschaft. Ein Strick, woran ein Mensch erwürgt worden, in das Taubenhaus gehängt, macht daß die Tauben allda verbleiben. Man soll keine Thränen auf eine Leiche fallen lassen, es kann sonst der Todte im Grabe nicht ruhen u. dgl.


*)  Dieses ist offenbar ein Ueberbleibsel aus der alten römischen Heidenzeit. Die Romer legten den Todten ein Geldstück, Obolus, in den Mund, damit er dem Sharon das Ueberfahrtsgeld über den Fluß Styr, der in die Unterwelt führt, bezahlen könne.

 

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