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Ein Jahrhundert München

Ein Hoch auf München

Im Jahre 1854 fällt ihn die Cholera an,- er übersteht die mörderische Krankheit und rächt sich, indem er sie in alle Schlupfwinkel verfolgt, bis nach Malta und Indien. In wenigen Jahren ist er dahinter gekommen, wie sie sich verbreitet, — und ehe man's denkt, hat er die Sanierung der Städte in Gang gebracht.

Ein Fachmann. Wäre er das gewesen, so hätte ihm seine Apotheke genügt. Nein, er war ein Mann der Wissenschaft und sogar mehr als das. Bei Festlichkeiten, als Rektor der Universität, in seinem Talar, wie wußte er den beinahe königlichen Mantel königlich zu tragen! So bewegt sich kn diesen weiten Falten nur eine künstlerisch angelegte Natur. Und wie liebenswürdig blitzten dabei seine dunklen Augen.

Noch viel mehr aber leuchteten sie, wenn er die Gedichte eines ganz unbekannten Mannes vorlas, der seht ein bekannter und verehrter Mann geworden ist, die Gedichte Hermann Linggs. Diesen Dichter hat pettenkofer entdeckt und ans Licht gezogen. Wer weiß, ob je Emanuel Geibel das erste Bändchen der Gedichte Linggs heraus­ gegeben hätte, hätte nicht der Münchner Hofapotheker durch meisterhaften Vortrag die Neugierde und Teilnahme geweckt und genährt.

Ganz davon zu schweigen, daß pettenkofer selbst, wenn er wollte, ein glänzendes Sonett zustande brachte, dem niemand anmerkte, daß es aus der Residenz und aus welcher Ecke dieses weitläufigen Gebäudes stammte.

Man wird durch diesen Mann an Italien erinnert, dessen große Männer ebenfalls alles konnten, was sie wollten. Dort wachsen sie empor ohne die Stühe und die Beschränkung dessen, was der Deutsche sein Fach nennt. Dort heißt es: Sei ein bedeutender Mensch, aber bleibe dabei ein Mensch — eine Anschauung, die sich in Deutschland leicht verliert, von der aber in Bayern ein kostbarer Rest geblieben ist. In Bayern wieder am häufigsten in München,- in München niemals so deutlich ausgeprägt wie bei pettenkofer, der sozusagen das höchste mögliche Maß des Münchner- tums darstellt

Dankbar ergreifen wir unsere Gläser: es lebe die Stadt, die den Deutschen vor dem Fexentum des Berufs bewahrt,- die Stadt, die vom Tüchtigsten fordert, daß er noch ein ganzer Mensch bleibe. Neben das lustige Wien, das goldene Mainz, das heilige Köln sehen wir das gemütliche München: es lebe, wachse und gedeihe!

Max von pettenkofer, in dessen Verherrlichung dieser Trinkspruch gipfelt, ist in Lkchtenheim bei Neu­ burg a.D. am 3. Dezember 1818 geboren,- kurz bevor Knapp seine Rede hielt, ist er am 10. Februar 1901 in München, dessen Ehrenbürger er war, verschieden.

„Der Maler aus Waldeck": Wilhelm von Kaulbach (1804—1874), von Cornelius 1826 nach München berufen, seit 1849 Akademie-Direktor. — „Der unerschöpfliche Novellist aus Berlin": Paul Heyse (1830—1914), seit 1854, auf Geibels Veranlassung von König Max II. berufen, in München. „Der geistreiche Redakteur der »Allgemeinen Zeitung«": Alfred Dove, der 1891, nachdem er bis dahin Professor der Geschichte in Bonn gewesen, nach München übersiedelte und die Beilage der „Allgemeinen Zeitung" redigierte, bis er 1897 aufs neue das akademische Lehramt (in Freiburg) antrat.

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