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Aus den Tagebüchern Lorenz von Westenrieders
Den 31. Oktober. Es kamen heute wieder unaufhörlich neue Leute an, welche neue Quartiere verursachten. Diese Quartiere machten, daß sich alle Einwohner in der peinlichsten Unruhe, Sorge und Furcht befanden. Man getraute sich kaum, auszu gehen, und ging mit Kummer nach Hause und näherte sich mit banger Angst seiner Haustüre, indem man fürchtete, Quartier anzutreffen. Wenn mit der Glocke geschellt wurde, erschrack man, und wenn man das Schreien eines Franzosen hörte, so wußte man nicht mehr, wohin man aus Beklemmung sich wenden sollte, zumal da kein Machthaber unter uns vorhanden war, der dem Unfug der Einquartierten Einhalt hatte tun können oder wollen.
Den 5. Dezember. Heute kamen, wie schon seit einigen Tagen, einzelne Partien an, welche zum Gefolge der Kaiserin Josephine gehörten. Bach vier zogen sämtliche hiesige Bürgermilizen in höchster Gala auf. Die Beleuchtung der Stadt, wozu überall eifrig Anstalten gemacht worden waren, fing mit der Abenddämmerung an, wurde aber, wo sie außer den Fenstern angebracht wurde, vom nassen Schwaden wind überall sehr benachteiligt. Um halb sieben kam die Kaiserin von einer mäßigen französischen Garde, aber von der Stadtkavallerke und dem bayerischen neuerrichteten reitenden Iägerkorps begleitet. Sie saß, wie ihr unmittelbares Frauengcfolge, in ihrem eigenen Reksewagen und nahm mithin die prächtigen Hofwägen, welche man ihr entgegengeschickt hatte, nicht an. Man läutete bei ihrem Einzug in den Pfarrkirchen.
Den 8. Dezember. Am Sonntag und Mariaempfängnistag wohnte die Kaiserin Josephine in der schönen Kapelle bei Hof einer stillen Messe, welche der Can. Kreit- mayr las, bei. In der ordinären Hofkapelle war der gewöhnliche Gottesdienst mit einem Hochamt, welchem ein französischer Husar mit der Mühe auf dem Kopf zusah, da ihn, diesen Lümmel, der gesunde Menschenverstand hätte lehren sollen, wenigstens für den anwesenden Kurfürsten Achtung zu haben, wenn er auch für die Religionsgebräuche der Bayern keine Achtung bezeigen zu dürfen glaubte. Wie
die Franzosen dieses dritte Mal, da sie seit 1796 in Bayern erscheinen, roher, gröber und anmaßender sind, so sind sie auch im Punkt der Religion ungezogen,- es gingen schon mehrere mit bedecktem Kopf durch unsere Kirchen, und an eine Verbeugung bei der Konsekration ist gar nicht zu denken (von Ausnahmen ist die Rede nicht). Bei dem Herrn von Werner Revisionsrat sel. war einer auf Kosten seiner Kasse im Quartier. Unter anderen köstlichen Gemälden, welche Herr Werner hinterlassen hatte (er hatte eine vortreffliche Sammlung), war auch ein Familienstück, auf dem sich eine Bonne befand. Dieser stieß der einquartierte Franzose ein Loch durch den Hals, und einen herrlichen Christuskopf mußte man eilfertig von der Wand herab
nehmen, weil er die Malerei mißhandelt haben würde.
Heute, den 26. Dezember, hat unsere Prinzessin eingewilligt, den Vizekönig Eugen
von Italien, Sohn der Kaiserin und Stiefsohn des Kaisers, heiraten zu wollen.