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"Meine Leute alle zeichneten sich aus, keinem war die Anstrengung, keinem die Hiße zu groß. Mitternacht war es, als die Arbeiter alle um den Ofen standen, entblößten Hauptes, auch wohl an 100 Zuschauer waren dabei, die bis zur späten Stunde verharrten. Sie theilten das heilige Gefühl , einstimmend in mein Gebet : „Herr Gotthilf, ſteh' unsbei, in deinem Namenbeginnen wir.
“Siebenmal mußte ich mit dem großen Loßeisen aus aller Kraft an den Zapfen stoßen, so stark war der Druck des Metalles, da stürzte die Furie zischend und kochend aus dem Ofen, die Glut und Hize war gräßlich allmählig füllte sich der Kanal - noch einen Blick nach oben und nun ließ ich alle 16 Deffnungen der Form auf einmal aufmachen. -Da bebte der Boden unter unsern Füßen, die Luftröhren spie'n gelben Rauch aus, der von unge- heurer Macht aus der Tiefe gepeitscht wurde. Das dauerte ein und eine halbe Minute, endlich kam zuerst aus einem, dann sogleich aus allen Luftröhren flüßiges Erz, und ſprüdelte lustig in die Höhe. Jezt der Jubel ! Der Guß ist gelungen ! Hoch lebe König Ludwig; hoch lebe unser Meister, Hoch!"
Bei den Güßen der übrigen Stücke war der Meister mit allen Zweck fördernden Erfahrungen auf das Reichlichte ausgestattet, und da sie alle glücklich und ohne besonders erhebliche Zufälle vokt Statten gingen, so können wir sie, um uns nicht zu wiederholen, füglich mit Schweigen übergehen.
Das verhängnißvolle Jahr 1848 hätte fast, als das große Werk bereits zur Hälfte vollendet war, eine gänzliche Stockung, oder doch eine lange Unterbrechung desselben herbeigeführt. König Ludwig entſagte dem Throne, und sein Sohn und Nachfolger König Mar II. überkam die Vollendung mehrerer vom König Ludwig begonnenen Bauwerke ; unter diesen zählte auch die Ruhmeshalle und das Siegesthor mit ihren Erzgüßen. Für die Fortseßung genannter Bauten, wie für diese Erzgüsse hatte König Mar zwar eine jährliche Summe ausgesezt, jedoch war sie zur Vollendung solcher großartigen Unternehmungen bei Weitem nicht hinreichend. Die Zeitconjunkturen gestatteten es leider dem König Mar nicht, größere Summen anzuweisen. Dadurch ließ sich Miller aber nicht irre machen, er entschloß sich, den Guß der Bavaria auf eigene Hand fortzuführen. Er sezte sein ganzes Hab' und Gut an diese Aufgabe, deren glückliche Lösung er von jeher als das höchste Ziel feines Strebens und künstlerischen Ehrgeizes betrachtete, und nachdem fast alle seine Mittel erschöpft waren , trat eine glückliche Wendung für ihn dadurch ein, daß der hochherzige König Ludwig sich entschloß, die genannten Bauten und Erzgüße wieder in seine Hand zu nehmen, und so ist mit Gottes Hilfe das ganze Werk soweit gediehen, daß es jezt vor den Blicken der erstaunten Welt als ein Wunder der Plastik und Erzgießkunst dasteht.