Münchner Bauwerke

Kloster der Armen Schulschwestern

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Bauwerk nicht mehr vorhanden
Name Kloster der Armen Schulschwestern
Stadtbezirk 1. Altstadt-Lehel
Stadtbezirksteil Angerviertel
Straße Unterer Anger 1
Kategorie Kloster  
Suchbegriffe Kloster der Armen Schulschwestern Angerkloster 

Beschreibung

Unterer Anger 1/2; Kloster der Armen Schulschwestern


title=Kloster der Armen Schulschwestern - Unterer Anger -
Kloster der Armen Schulschwestern Unterer Anger
Urheber:
 

Sagen & Geschichten

Die Ordensschwester Clara Hortusana im Kloster am Anger. 1680

Die Schwester Clara Hortusana, zugenannt „von den Zähren Christi," gebürtig zu Embach, trat in ihrem 18. Lebensjahre am 27. August 1680 in das St. Clara-Kloster am Anger in München. Bald nach ihrer Einweihung wurde sie von schweren und schmerzhaften Krankheiten befallen, in Folge deren sie stets schwächlich blieb. Von nun an verfiel sie in Verzückungen und bekam Anfälle und Erscheinungen, von denen uns Pater Barnabas Kirchhuber in seinem Buche: „Gnaden- und tugendreicher Anger, München 1701," seltsame Dinge berichtet. Häufig wurde sie von Teufeln, die ihr erschienen, innerlicher Anfechtungen zu geschweigen, geplagt und sogar auch körperlich mißhandelt. Hingegen aber hatte sie auch oft Erscheinungen der jungfräulichen Mutter Gottes und ihres göttlichen Kindes, von Heiligen und von Engeln, die ihr Trost zusprachen und sie. stärkten. Ihr innigster Wunsch und ihr inbrünstigstes Gebet war, aus Liebe zu Gott ihr Blut als Märtyrin vergießen zu können; endlich wurde sie auf folgende wunderliche Weise erhört.

Als Hortulana einstmals nach der Kollation aufden obern Chor gegangen, allda ihr Gebet zu verrichten, kam der Teufel und plagte sie mit heftiger Anfechtung, ist aber von ihr überwunden worden; doch versetzte er ihr einen Schlag an die Stirne, mit welchem er ihr ein Brandmal aufdrückte, das sie bis zu ihrem Tod behielt. Hierauf aber wurde sie ihrem heiligen Schutzengel übergeben, welcher, um sie nach ihrem Verlangen zur Märtyrin zu machen, Angesichts dreier andern Schwestern aus dem obern Chor in den untern Chor an ein Betpult warf, so daß sie am Schlafe eine große Wunde bekam, aus welcher Blut und nachher Wasser floß.

Häufig erschienen ihr arme Seelen, deren mehrere sie aus dem Fegefeuer erlösete, aber dafür auch von ihnen viele Gegendienste und kräftige Unterstützung gegen die teuflischen Anfalle erhielt. Für deren Erlösung betete sie Tag und Nacht, fastete vielfach streng, unterwarf sich harten Disciplinen, wachte ganze Nächte und erbettelte solche wohlthätige Handlungen auch von andern ihrer Mitschwestern.

Sehr wunderbar ist folgendes Ereigniß, das ihr zustieß, welches wir so viel als möglich aus dem klösterlichen Auszuge ihrer eigenen hinterlassenen Schriften hiemit geben.

Anno 168S den 27. August, ungefähr um 10 Uhr Nachts, ist die gottselige Schwester Clara Hortulana auf die in dem Kloster also genannte St. Anna Kapelle gegangen, allda ihr Gebet zu verrichten. Gleich darauf, als sie zu beten anfangen wollte, sind etliche Seelen aus dem Fegefeuer zu ihr gekommen und sagten: Hortulana! es steht dir ein großer Kampf bevor, streite, überwinde, und schenke uns deine Verdienste! Nach diesen Worten verschwanden sie wieder. Hortulana wollte fortfahren zu beten, konnte aber nicht, indem alsbald eine große Anzahl Teufel zu ihr kamen, mit großem Grimme, als wenn sie sie in Stücke zerreissen wollten, und ihr zuriefen: Du mußt mit uns, du mußt mit uns!! Mit diesen Worten eröffneten die Teufel ihr die Hölle und zeigten ihr in derselben einen entsetzlichen Ort, ihr zurufend: dieser Sitz gehört für dich! Sodann setzten ihr die Teufel mit allen möglichen Versuchungen so zu, daß sie meinte, sie müße verzweifeln. Aber sie wendete sich zu den Teufeln und redete sie also an: Jhr vermaledeiten Teufel! weichet von mir, mein allerliebster Jesus hat für meine Sünden genug gethan, also hoffe ich auf seine unendliche Barmherzigkeit! Auf diese Worte singen die Teufel an „entsetzlich zu plärren," verschwanden mit großem Grimme, und überließen der heroischen Heldin den Sieg. Während dieses Streites aber, welcher drei Stunden lang wahrte, kam eine arme Seele hinauf zu der oberen Winde, und hat mit der Ordinari-Glocke (welches sonsten niemals geschieht, auch in der größten Noth nicht, weil in solchem Falle die Schwestern ein anderes kleines Glöckchen zu läuten pflegen), hinaus zu ihrem geistlichen Vater geläutet, und zwar sechsmal, so daß der Beichtvater sich hierüber sehr entsetzet, und hin und her gelaufen, um zu fragen, was dieses ungewöhnliche Läuten bedeute, indem er furchtete, es möchte eine oder mehrere Schwestern in den letzten Zügen liegen, oder sonst ein großes Unglück dem Kloster zugestoßen sein. Weil aber der Beichtvater keine Schwestern erblickte, fing er ebenfalls an einer Glocke stark zu läuten an, worauf endlich mehrere Schwestern herbei kamen. Während aber Niemand aus dem Lärmen klug werden konnte, bemerkte man einen Brand geruch, und als man diesem nachging, zeigte sich, daß die Handhabe an der Glocke angebrannt sei. Auch wurden zunächst an der Winde zwei tief eingebrannte Menschentritte gefunden. Als der Pater Beichtvater hiervon in Kenntniß gesetzt wurde, vermuthete er gleich ganz richtig, es müsse eine arme Seele da Hilfe gesucht haben, und die Brandflecken daher vom Fegefeuer herrühren. Man beschloß deshalb, alsbald die Schwester Hortulana kommen zu lassen, als die in diesen Dingen erfahrenste Person; aber Niemand wußte, wo sie war! Endlich wurde sie von einer Schwester in der St. Anna-Kapelle gefunden. Als sie eine Schwester hörte und sah, vermeinte sie, sie sehe und höre einen Engel; sie stand gleich auf, ging zu dem Beichtvater und erzählte ihm den ganzen Verlauf. Hierauf befahl der Beichtvater der Schwester Hortulana, sie solle alsbald in den Chor gehen und die armen Seelen fragen, ob eine aus ihnen ihrem geistlichen Vater geläutet habe, wer diese arme Seele bei Lebzeiten gewesen sei, und ob selbige die zwei Menschentritte eingebrannt habe, und warum? Hortulana war hurtig gehorsam, ging, obgleich äußerst schwach und kraftlos, in den Chor hinein und dankte Gott für die erhaltene Viotori. Unterdessen kamen etliche arme Seelen aus dem Fegefeuer zu ihr, und sagten einstimmig: wir haben Gott für Dich gebeten, jetzt bitte Du Gott für uns, und erlöse uns von unserer Pein! Als hierauf Hortulana sie um dasjenige, was ihr von dem Beichtvater anbefohlen war, fragte, antwortete gleich eine aus diesen Seelen, sagend: „Jch bin diejenige, die dem geistlichen Vater geläutet, ich habe die zwei Fußtritte eingebrannt, und zwar darum aus sonderbaren Gnaden Gottes diesesZeichen hinterlassen, auf daß Du glaubest, daß ich Dir beigestanden und Dir geholfen; hilf mir nun auch, und schenke mir eine heilige Communion." Hortulana fragte die Seele weiters, wer sie wäre? Diese antwortete aber: „Es sei ihr noch nicht erlaubt, sich zu nennen. Hortulana solle für sie beten und die heilige Communion für sie verrichten." Hortulana referirte dies ihrem Beichtvater, welcher ihr erlaubte, noch an selbigem Tage ausnahmsweise zu beichten und zu communieiren, und das, was die arme Seele gebeten, zu verrichten. Nachdem dieses alles geschehen, kam die Seele wieder zur Schwester Hortulana, und dankte ihr für die Erfüllung ihrer Bitten. Den Auftrag ihres geistlichen Vaters befolgend, fragte Hortulana noch einmal: wenn es zur größeren Ehre Gottes sei, solle sie entdecken, wer sie sei? Hierauf sagte dieselbe: „Jch bin Berthold ein Bischof von Freising. Liebe und lobe Gott." Nach welchen Worten er ganz glorwürdig in den Himmel gefahren. Ist also Bertholdus, ein Bischof zu Freising, welcher gegen kanonische Wahl auf krummen Wegen den Stuhl des heiligen Korbinian bestiegen hatte, und auf 

dem Schweinemarkt zu Freising vier Wiener Bürger unschuldig enthaupten ließ, deshalb wohl in das Fegefeuer gekommen, aber durch das Gebet und die Verdienste der gottseligen Schwester Clara Hortulana den 28.August aouo 1689 wieder aus dem Fegefeuer erlöset worden. 

Schwester Clara Hortulana starb am 24.October 1689, ihres Alters im 27. Jahre.

Mayer - Münchner Stadtbuch (1868)

Die eingekerkerte Nonne im Kloster am Anger. 1742

In Hornstein, einem Dörfchen unweit des Klosters Scheyern, lebte in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhundertes ein Wundarzt Namens Ferdinand Bau mann in glücklicher und zufriedener Ehe mit seiner Gattin Hedwig. Ihnen erblühten zwei Töchter, Rosalie und Maria.

Die ältere, Rosalie, einfachen und häuslichen Sinnes, stand ihren Aeltern im Betriebe ihrer kleinen Oekonomie bei, ihre Ansprüche gingen nicht über den bescheidenen Wirkungskreis eines Landlebens. Die jüngere hingegen, Maria, geboren im Jahre 1733, zeigte schon früh einen schwärmerischen Sinn, sie mied ihre Gespielinen und die lebhaften Vergnügungen des kindlichen Alters, brachte ihre Stunden am liebsten einsam zu, war aber die fleißigste in der Schule, wo sie eine nicht gewöhnliche Anlage zu geistiger Ausbildung, namentlich aber zu religiöser Erhebung zeigte; ihr liebster Aufenthalt war die Kirche, wo sie mit inniger Andacht stundenlang betete.

Ihre Aeltern bemerkten mit Wohlgefallen diesen sich allmälig entwickelnden Keim zur Gottesfurcht und 

Frömmigkeit, und pflegten ihn selbst dadurch immer mehr, daß auf Veranlassung des Vaters das Mädchen Bücher zum Lesen aus dem Kloster erhielt. Dadurch bekam ihre Neigung zum heiligen beschaulichen Leben immer mehr Nahrung und es bildete sich in ihr der Wunsch und die feste Absicht aus, dem weltlichen Leben gänzlich zu entsagen und in ein Kloster zu treten. Ihre Aeltern, weit entfernt, dieser Absicht entgegen zu treten, waren vielmehr darüber höchst entzückt, indem sie für ihre Tochter kein größeres Glück, als ihre Versorgung im Kloster kannten.

Obwohl nun Marie beinahe noch ein Kind war, wendete sich dennoch deren Vater zur Erreichung dieses Wunsches an den Abt des Klosters Scheyern. Dieser schrieb an die Aebtissin des Klarissinenklosters am Anger in München, und nach vierzehn Tagen erfolgte von dort Antwort. Der Umstand, daß Marie gänzlich ohne Vermögen war, stellte zwar einige Hindernisse entgegen, denn man pflegte in der Regel keine Jungfrau aufzunehmen, die nicht ein Vermögen und eine stattliche Aussteuer in das Kloster mitbringen konnte; aber anderseits kam in Betracht, daß gegenwärtig eben keine Nonne im Kloster sich befand, die der Wundarzneikunst kundig war, und deshalb erschien sogar die Aufnahme der Marie erwünscht, da ihr Vater selbst Wundarzt war. Es wurde daher ihre Aufnahme unter der Bedingung genehmiget, daß sie die Wundarzneikunst vollständig erlerne.

Dieses geschah auch; drei Jahre lang erhielt sie wundärztlichen Unterricht von ihrem Vater, und von dem Schullehrer des Dorfes in der Musik; dann wurde sie zu ihrer ferneren Ausbildung nach München gesendet, wo sie 

bei den barmherzigen Brüdern weiteren Unterricht in der Wundarzneikunst, bei einem Hofmusikus im Orgelspielen und Gesang, und bei den englischen Fräulein im Nähen, Sticken und Blumenmachen erhielt.

Im Jahre 1749 in ihrem sechszehnten Lebensjahre wurde sie dann nach erstandener Prüfung als Novize im Kloster aufgenommen, und erhielt den Klosternamen Magdalena von den Füßen Christi. Nach vollenendetem Noviziate kam die Zeit, die Profeß abzulegen. Unter großen Feierlichkeiten erfolgte ihre förmliche Einkleidung. Ihr und ihrer Aeltern sehnlichster und höchster Wunsch war erfüllt, das Glück der Tochter war begründet! Ach, während des Noviziates hatte sie nur die schöne Aussenseite des Klosterlebens erschaut, die Schattenseite verhüllte man sorgfältig vor ihren Augen!

Drei Jahre vergingen, ohne daß die Ruhe unserer Marie, oder wie sie jetzt hieß, Magdalena, wesentlich getrübt  wurde. Zwar hatte sie während dieser Zeit mancherlei Erfahrungen gemacht, welche ihr das Klosterleben nicht mehr in so rosigem Lichte erscheinen ließen; allein dieß störte noch nicht ihre Ruhe, denn welcher Stand auf Erden ist ganz frei von Unannehmlichkeiten, Beschwerden und Täuschungen? — Aber es sollte bald anders kommen.

Der Franziskanerpater Olympius wurde nun erster Beichtvater der Nonnen, und hatte in dieser Eigenschaft großes Gewicht und Machtvollkommenheit im Kloster; selbst die Aebtissin that nichts ohne seinen Rath und Zustimmung. Pater Olympius fand nun, daß die Schwester Magdalena schön und liebenswürdig sei, und wählte sie zum Ziele seiner unlautern Begierden. Um sie öfter zu sehen, 

Gelegenheit zu bekommen, Bekanntschaft mit ihr zu machen und so seinen Zweck zu erreichen, wußte er die Aebtissin dahin zu bestimmen, daß sie zur Oberkrankenwärterin ernannt wurde. Pater Olympius säumte nun nicht, mit feinen frevelhaften Anträgen anfänglich verhüllt und endlich offen hervorzutreten; wurde aber damit von der tugendhaften Magdalena mit allem Ernste zurückgewiesen.

Hatte nun auch dieses vor der Hand noch keine üblen Folgen für Magdalena, so war doch nunmehr der Himmel ihres Glückes getrübt; sie war aus dem Paradiese ihres Traumes hinausgeworfen, und ersah nach drei Jahren mit Schmerzen, daß jene Eintracht, Zufriedenheit und reines Vergnügen, das sie im Kloster zu sinden gehofft hatte, dort nicht wohne. Diese veränderte Lage veranlaßte ihr vieles Nachdenken, in Folge dessen Unzufriedenheit und Traurigkeit.

Aber ihre Leiden sollten erst beginnen.

Nach einiger Zeit geschah es, daß die Tochter des Wundarztes Niklas Hahn von München in das Kloster trat und Profeß ablegte. Dieselbe war nicht nur in der Wundarzneikunst vollkommen erfahren, sondern hatte auch noch dem Kloster ein Vermögen von 4000 fl. und eine reichliche Ausstattung zugebracht.

Dem Pater Olympius war hiedurch die lang erwünschte Gelegenheit gegeben, seine Rache gegen Magdalena wegen verschmähter Liebe auszuüben. Die ersten Zeichen bestanden darin, daß man sie fühlen ließ, sie sei nun entbehrlich geworden; sie wurde in ihren Dienstleistungen überall zurückgesetzt, sie konnte nichts Rechtes mehr machen, ihre Kenntnisse in der Wundarznei wurden bei jeder Leistung getadelt, hingegen die Kenntnisse der Tochter des Wundarztes Hahn überall vorgezogen. Alle diese ihr offenbar absichtlich zugefügten Kränkungen schmerzten sie tief. Anfangs machte sie ihrem gepreßten Herzen durch Weinen Erleichterung; allein endlich beging sie die Unvorsichtigkeit, ihre Klagen, und zwar in herben Worten, mehreren ihrer Mitschwestern auszusprechen. Dieses wurde der Aebtissin hinterbracht. Zu derselben vorgerufen, erhielt sie in Gegenwart zweier Laienschwestern einen scharfen Verweis und wurde ihr auferlegt, zur Strafe den Boden zu küssen; aber kaum hatte sie sich zur Erde niedergebeugt, als sie von den beiden Laienschwestern ergriffen und mit bereit gehaltenen Ruthen auf den bloßen Leib hart gezüchtiget wurde, oder, wie man sich in der Klostersprache ausdrückte, einen „Schilling" erhielt. Als sie hierauf das Gemach der Aebtissin verließ, standen in dem Gange sämmtliche Nonnen, welche sie schadenfroh auslachten, verhöhnten und verspotteten. Vor Scham hierüber verkroch sie sich in einen abgelegenen Winkel des Klosters und schlief in ihren Schmerzen dort endlich ein. Natürlich wurde sie bald vermißt, sie wurde aufgesucht und endlich schlafend gefunden, hierauf aber auf Befehl der Oberin einstweilen über Nacht in einen Kerker gesperrt. Des andern Morgens vor die Aebtissin und den Beichtvater geführt, wurde ihr Benehmen als Starrsinn und boshafte Entfernung bezeichnet, sie zur Strafe auf fünf Tage des Schleiers beraubt und verurtheilt, die große Disciplin zu machen, und noch zur Laienschwester degradirt. Nach Verlauf der fünf Straftage soll sie statt des schwarzen Schleiers der Frauen, den weißen der Laienschwestern 

erhalten, und wurde zur Arbeit als zweite Gehilfin in die Küche verwiesen.

Nach einiger Zeit erhielt sie. von ihrer Schwester Rosalie, die inzwischen den Oekonom Georg Dietl zu Buchendorf geheiratet hatte, und von diesem ihren Schwager einen Besuch. Die Aebtissin ertheilte ihr zwar die Erlaubniß, diesen Besuch in Gegenwart zweier Nonnen anzunehmen; sie erhielt aber auch die Anweisung und den gemessenen Befehl, ihrer Schwester von ihrem Glücke, von ihrer großen Zufriedenheit und ihrer Ruhe, und von dem liebevollen Zusammenleben im Kloster zu sprechen. Auf ihre Bitte wurde ihr auch gestattet, ihrem Vater eine Tafel von gestickter Arbeit, die sie gefertigt hatte, zum Andenken zu überschicken. Sie hatte aber, eines solchen Besuches längst gewärtig, heimlich einen Brief an ihren Vater geschrieben, in welchem sie ihre Leiden, ihre Verfolgungen, ihre Enttäuschung lebhaft schilderte, aber zugleich auch darin aussprach, daß sie sich mit frommer Ergebung in den heiligen Willen Gottes und seine Prüfungen schicken wolle. Diesen Brief hatte sie in der Tafel verborgen. Indem sie dieselbe ihrer Schwester übergab, sagte sie zu dieser, der Vater solle das Bild öffnen, damit er, da er in solcher Arbeit einige Geschicklichkeit besitze, vielleicht ein anderes derartiges Bild nachmachen könne.

Der Vater erhielt zwar richtig die Tafel, hing sie aber den Sinn der Worte nicht verstehend und nichts Verborgenes ahnend, uneröffnet in seinem Zimmer auf.

Obige Worte aber wurden von den beiden der Besprechung beiwohnenden Klosterfrauen der Aebtissin getreulich hinterbracht. Diese Aeusserung fiel auf, man schöpfte 

Verdacht, und der Superior des Klosters schrieb an den Ortspfarrer, er möge vom Wundarzte Baumann sich das Bild geben lassen und es öffnen. Letzterer, nichts Arges vermuthend, gestattete das Verlangen des Pfarrers, dieser öffnet die Tafel und fand den Brief. Unter einem schicklichen Vorwande nahm er den Brief und schickte denselben dem Klosterbeichtvater zu.

Magdalena wurde nun zu strenger Verantwortung gezogen, und sie bekannte, diesen Brief im Gefühle ihres Schmerzes niedergeschrieben zu haben. Auf der Stelle mußte sie sich hinsetzen und einen Brief an ihre Aeltern schreiben, den ihr der Beichtvater Pater Olympius diktirte, in welchem sie alle im vorigen Briefe dargelegten Beschwerden als unwahr widerrief, als lieblose Verläumdungen erklärte, und ihre volle Zufriedenheit mit dem Klosterleben aussprach. Sodann erfolgte ihre Bestrafung. In Gegenwart der Aebtissin, der Priorin und dreier Klosterfrauen erhielt sie von einer Laienschwester 39 Ruthenstreiche auf den bloßen Leib, und wurde dann vier Wochen lang, jeden andern Tag bei Wasser und Brod, in einen kleinen sinstern Kerker eingesperrt.

Während der Erstehung dieser Strafe starb die Aebtissin, und es wurde nach Anleitung des Beichtvaters eine neue gewählt. Allein diese Aenderung verbesserte das Schicksal der armen Magdalena nicht, vielmehr verfuhr die neue Aebtissin, durch den rachefüchtigen Beichtvater aufgehetzt, nur noch strenger gegen sie. Wegen jedes kleinen, unbedeutenden und noch so sehr entschuldbaren Versehens erhielt sie nun fortwährend Strafen; — weil einmal der Kalbsbraten etwas angebrannt war, wurde sie auf einen 

Tag bei Wasser und Vrod eingesperrt; —weil am Palmsonntage der aus Holz geschnitzte Christus, der auf einem Palmesel im Klostergarten herumgefahren wurde, keinen Kranz auf dem Kopfe hatte, mußte sie drei Tage lang im Refektorium auf der Erde speisen; — als ihr ferner am Pfingstsonntage der Strick, an welchem der aus Blei gegossene fünfzig Pfund schwere heilige Geist in der Kirche empor gezogen wurde, aus der Hand entwich, das Bild herabstürzte und zerbrach, wurde dieses Versehen vom Beichtvater als absichtliche Bosheit und als ein Religionsverbrechen erklart, sie mit Ruthen gezüchtiget und sodann vier Tage lang in den Kerker eingesperrt; — als sie eines Tages mit der Schwester Aloisia die Nonnenschleier mangen (plätten) mußte, und hiebei der acht Pfund schwere Mangstein auf den Boden siel und die Schwester Aloisia leicht am Fuße beschädigte, wurde sie acht Tage lang eingekerkert. So folgten unausgesetzt Strafen auf Strafen.

Acht Jahre lang hatte sie diese gehäßigen Verfolgungen und Beschimpfungen und diese unabläißigen Seelenqualen erlitten und mit möglichster Sündhaftigkeit erduldet. Allein es gibt einen Punkt, wo endlich auch die größte menschliche Geduld ihr Ende findet. Dieser martervollen Lage, diesem Sturm ihres Innern, dieser Angst, Reue und Verzweiflung, die in ihrem Herzen tobten, satt, faßte sie endlich den Entschluß zu entfliehen.

In einer sehr kalten Dezembernacht verließ sie ihre Zelle, erreichte den Klostergarten und erkletterte um die Mitternachtsstunde mit Hilfe einer Leiter, die sie fand, die fünfzig Schuh hohe Klostermauer, zog diese Leiter oben an sich, und ließ sich mit derselben auf der andern Seite 

auf einen in dem anstoßenden Hofraum des Metzgers Halmoerger besindlichen Holzstoß herab. Weil aber in diesem Hofraume ein paar Hunde herumliefen, getraute sich Magdalena nicht, vom Holzstoße herabzusteigen. Erst, als um fünf Uhr Morgens der Knecht des Metzgers im Hofe erschien, rief sie diesen an, und bat ihn, sie zu seinem Dienstherrn zu führen. Diesem nun und seiner Ehefrau erzählte sie kurz ihre Lage und bat sie flehentlichst, sie zu den Jesuiten zu führen, wo sie Hilfe hoffe. Allein Metzger Halmberger, und noch mehr dessen Ehefrau, befürchteten in Unannehmlichkeiten verwickelt zu werden, wenn sie die Flucht einer Klosterfrau begünstigten, und machten daher dem Kloster der Klarissinen schleunigst Anzeige. Sogleich kam der Beichtvater Pater Olympius zu Halmberger, erklarte dort die Magdalena als wahnsinnig, und schleppte sie in das Kloster zurück.

Bald wurde dieser auffallende Vorfall durch die Geschwätzigkeit des Metzgers, feiner Ehefrau und seines Knechtes in der ganzen Stadt ruchbar, und gelangte so auch zu den Ohren des Pfarrers von St. Peter. Dieser hielt es für seine Pflicht, dem bischöflichen Ordinariate in Freising hievon Anzeige zu erstatten, wodurch sich dieses veranlaßt fand, von der Aebtissin des Klarissinenklosters auf dem Anger Aufschließe zu verlangen, jedoch zugleich auch befahl, die Nonne wegen verletzter Klausur einstweilen einzusperren. — Aber auch Magdalenens Vater hatte Nachricht über den Vorfall erhalten, und über das Schicksal seiner Tochter beunruhiget, eilte er sogleich nach Freising, und erreichte von dem Fürstbischöfe so viel, daß dieser die Sache durch eine eigene Kommission untersuchen zu lassen versprach.

Zu dieser Untersuchung ward der Weihbischof Freiherr von Werdenstein, welcher eben in München die Firmung zu ertheilen hatte, beauftragt. Dieser verfügte sich sogleich in das Kloster und ließ sich zuerst die Schwester Magdalena vorführen. Diese erzählte ihm nun offen und wahrheitsgetreu mit dem.Gefühle der verfolgten Unschuld ihre ganze Lebensgeschichte, wie von Jugend auf sie ein mächtiger Drang zum frommen Klosterleben geführt, wie sie, unbekannt mit der Welt, in einem Alter von siebzehn Jahren die heiligen Klostergelübde abgelegt, wie sie alles that, um die übernommenen schweren Pflichten getreulich zu erfüllen, wie sie aber, seitdem sie die unreinen und sündlichen Zumuthungen des Pater Olympius abgewiesen, fortwährend von Stufe zu Stufe steigende Verfolgungen erlitten, so daß sie zuletzt, nachdem sie schon zehn Jahre im Kloster zugebracht, von Verzweiflung getrieben zum Mittel der Flucht griff. Mit den rührendsten Worten bat sie um Verzeihung, aber auch um Schutz und Aenderung ihrer Lage.

Sodann erfolgte die Vernehmung der Aebtissin und aller Nonnen. Obwohl nun die Aebtissin bezüglich der wahren Ursache der Einkerkerung Magdalenens Unwissenheit vorschützte und sich auf die verstorbene Aebtissin berief; obwohl auch die Nonnen natürlicherweise die Wahrheit verschwiegen, vielmehr Magdalena als eine boshafte Person schilderten und sie als wahnsinnig erklärten, so ersah doch der Weihbischof, ein nicht nur kluger und gerechter, sondern auch humaner Mann, aus dem Zusammenhalte aller Aussagen und Umstände, daß die Beschwerden der Magdalena großentheils gegründet waren, und daß man jedenfalls gegen sie zu hart und 

sogar ungerecht verfahren sei. — Der Weihbischof versammelte daher am Ende der Untersuchung den ganzen Klosterkonvent, wies die Aebtissin und die Nonnen zu schwesterlicher und christlicher Liebe und Eintracht, die Magdalena aber zum Vergessen alles Vorgefallenen und zum Gehorsame an, und hob zugleich kraft der ihm als Bischof zustehenden Macht die gegen Magdalena verhängten Strafen auf, und befahl dem Konvente, sie wieder in ihre Gemeinschaft aufzunehmen.

Die Sache schien somit zum Frommen Magdalenens geschlichtet zu sein; allein kaum hatte der Weihbischof das Kloster verlassen, so gestalteten sich die Dinge anders. Die Aebtissin schien zwar anfangs geneigt, dem Befehle des Bischofes nachzukommen, aber der Beichtvater, Pater Olympius, erklärte, daß das Recht, die Nonnen wegen ihrer Verbrechen zu bestrafen, lediglich der Obrigkeit des Klosters, nämlich dem Pater Provineial des Franziskanerordens, keineswegs aber dem Bischofe zustehe, die Befehle des Bischofes daher nicht zu befolgen seien. Die Magdalena habe nicht nur durch ihre Flucht, sondern noch mehr durch die von ihr herbeigeführte Untersuchung von Seite des bischöflichen Ordinariates dem Kloster die größte Schande zugefügt, sie habe überdieß dabei die Geheimnisse des Klosters eidbrüchig ausgeplaudert, und alles dieses verdiene die strengste Strafe. Sollte die Aebtissin sich dessen weigern, so verlasse er augenblicklich das Kloster, weder eine heilige Messe werde in demselben mehr gelesen noch das Sakrament der Beicht und der Kommunion mehr gespendet, und die Aebtissin sei so lange erkommunizirt, bis sie seinen Anordnungen Folge leiste.

Der ganze Konvent gerieth hierüber in Schrecken; die Aebtissin gab nach. Die unglückliche Magdalena wurde nun zu lebenslänglicher Einkerkerung verurtheilt.

Als sie dahin abgeführt werden sollte, widersetzte sie sich mit aller Gewalt, sich auf den Ausspruch des Bischofes berufend, und da auch die Nonnen sie nicht zu bandigen vermochten, wurde ein eben zufällig im Klostergarten anwesender Franziskanerbruder herbei gerufen, und sie endlich mit dessen Beihilfe in den Kerker geschleppt.

Ohne Hoffnung auf Befreiung oder auch nur auf Linderung ihrer Lage, schmachtete sie nun in dem Kerker, einem kleinen, finstern Loche, dessen ganzer Inhalt nur aus etwas Stroh zu ihrer Liegerstätte auf dem Erdboden bestand.

Nach einiger Zeit fand sie in ihrem Kerker einen eisernen Bretternagel. Dieser gab ihr den Gedanken zu einem neuen Fluchtversuche ein. Im Kerker befand sich nämlich ein einziges kleines, mit einem eisernen Gitter versehenes Fensterchen. Sie versuchte nun mit dem gefundenen Bretternagel das Mauerwerk um das Fenster zu lockern und sodann letzteres auszuheben. Drei Monate arbeitete die Unglückliche daran, ohne daß ihre Arbeit entdeckt wurde; endlich war das Fensterchen los gemacht, und sie entschlüpfte in einer Nacht aus demselben. Allein aus dem Kloster zu entfliehen, gelang ihr nicht, obwohl sie überall einen Ausweg suchte. Sie versteckte sich endlich im oberen Chore der Kirche, wo sie am folgenden Morgen von den Nonnen, die über ihre entdeckte Flucht bestürzt waren, aufgefunden wurde.

Bis ihr voriger Kerker wieder hergestellt und das 

ausgebrochene Fenster wieder befestigt war, wurde sie einstweilen in einem andern Kerker untergebracht. In diesein aber traf sie zu ihrem Erstaunen und Schrecken eine andere eingekerkerte Nonne an, von deren Dasein sie während ihres langen Aufenthaltes im Kloster nie etwas gehört hatte. Diese, Schwester Christine genannt, befand sich schon seit dreizehn langen Jahren an diesem Orte des Entsetzens. Sie lag auf halb verfaultem Stroh, kaum fähig sich zu erheben, ein Bild des grenzenlosesten Jammers! Magdalena war neugierig, zu erfahren, weshalb diese Nonne die schwere Strafe der Einkerkerung so lange erdulden mußte; aber sie konnte es ihr nicht sagen, sie wußte es nicht; — sie war in Folge der langen Haft schwachsinnig geworden!

Als ihr früherer Kerker wieder hergestellt war, wurde Magdalena in denselben zurückgebracht. In diesem bedauernswerthen und hilflosen Zustande richtete sie nun ihre einzige Hoffnung auf Gott und die seligste Jungfrau Maria und verlobte eine Wallfahrt nach dem Gnadenorte Loretto in Italien, wenn sie aus ihrem Kerker befreit würde. Und ihr Gebet wurde erhört, die Befreiung kam.

Drei Jahre acht Monate hatte sie neuerdings seit ihrem Fluchtversuche in dem Kerker zugebracht. Da begab es sich Anfangs des Monates Juni 1769, daß ein Schornsteinfeger, der die Kamine des Klosters und somit auch der beiden Kerker zu reinigen hatte, aus der Tiefe eine jammernde und wehklagende Stimme hörte. Anfänglich darüber höchst erschrocken, endlich aber sich an die vor mehreren Jahren in der Stadt verbreiteten Gerüchte über 

die Flucht der Schwester Magdalena erinnernd, zweifelte er nicht, daß hier eine Nonne eingekerkert sei. Er zeigte dieses daher dem Stiftsdechante an, und dieser hielt es gleichfalls für seine Pflicht, dem kurfürstlichen Minister selbst hievon Anzeige zu machen. Schleunigst wurde, unter Zustimmung des Kurfürsten selbst, beschlossen, eine Untersuchung an Ort und Stelle eintreten zu lassen. Im Benehmen mit dem geistlichen Rathe wurden zwei Kommissäre, ein geistlicher und ein weltlicher, ernannt, welche sich mit einem Aktuare, einem Amtsdiener und dem Schornsteinfeger, letzterer jedoch verkleidet, in das Kloster zu begeben hatten. Dieser Kommission wurden zwei Dekrete ausgefertiget; das erste enthielt den Befehl, ohne Verzug die Klausur zu öffnen und der Kommission den Eintritt in das Innere des Klosters zu gestatten; im Nichtbefolgungsfalle war sie ermächtiget, Gewalt zu gebrauchen. Dieses Dekret sollte die Kommission bei ihrer Ankunft der Aebtissin übergeben. Das zweite Dekret, das sie der Aebtissin erst im Innern des Klosters zu behändigen hatten, befahl, die landesfürstliche Kommission augenblicklich an den Ort zu führen, wo die eingekerkerte Nonne sich befinde.

Sogleich begab sich die Kommission, es war Abends 7 Uhr, in das Kloster, nachdem sie zuvor noch zur Vorsorge den Hofschlosser und zwei Zimmerleute bestellt hatte.

Im Kloster angekommen begehrten die Herren das Erscheinen der Aebtissm, und wurden zunächst in das Sprechzimmer geführt. Nach langem Harren, augenscheinlich absichtlicher Verzögerung rmd erst gepflogener Berathung, — denn die Kommission hörte deutlich über sich die Fußtritte eines Franziskaners — erschien zuerst der Beichtvater Pater Olvmpius als Repräsentant der Aebtissin, wurde jedoch von der Kommission zurückgewiesen, da die landesherrlichen Befehle nur an diese selbst lauteten. Erst auf wiederholtes und ernstliches Verlangen erschien endlich die Aebtissin. Nach Lesung des ersten Dekretes weigerte sie sich, die Klausur zu öffnen; erst nach Androhung von unverzüglicher Gewalt wurde die Pforte geöffnet, und die Kommission trat ein. Als nunmehr der Aebtissin das zweite Dekret behändigt wurde, erschrack sie heftig und erblaßte. Ihr Begehren, sich hierüber erst mit dem Beichtvater benehmen zu wollen, wurde abgeschlagen, desgleichen alle ihre Weigerungen, Verwahrungen und Bedenklichkeiten. Erst nach wiederholter Androhung ernstlicher Maßregeln wurde die Kommission in den Kerker geführt. Da lag die arme Magdalena auf einem halbverfaulten Strohsacke, nur mit den Lumpen ihres zerrissenen Habites bedeckt, ein schaudervoller Anblick! Von den Kommissären aufgefordert aufzustehen und herauszutreten, vermochte sie es nicht, sie war ganz gelähmt. Auch jetzt noch versuchte die Aebtissin, Zeit und Ausflüchte zu gewinnen, sie wollte die Magdalena in eine Zelle tragen lassen, um sie dort anständig bekleiden zu können. Auch dieses Begehren wurde ihr von den Kommissären abgeschlagen; die Magdalena wurde vielmehr auf Anordnung derselben auf einer herbeigeschafften Tragbahre aus dem Kerker an die Klosterpforte getragen, und von da aus in einem Tragsessel sogleich in das Kloster der Elisabethinerinen, mit welchem ein Spital verbunden war, gebracht.

Am nächstfolgenden Tage begann die Untersuchung.

Das vor Allem eingeholte ärztliche Gutachten fiel dahin aus, daß Magdalena bei vollkommenem Verstande sei und keine Spur einer Geistesstörung sich zeige; hingegen aber seien ihre Körperkräfte durch die lange Haft in hohem Grade geschwächt und zerrüttet, und ihre Glieder dermassen gelähmt, daß schwerlich mehr vollständige Heilung und der vollkommene Gebrauch ihrer Glieder zu erzielen sein werde. Als Kur wurde ihr lediglich gesunde, kräftige und leicht verdauliche Nahrung und der Genuß des Weines verordnet.

Magdalena wurde viermal zu Protokoll vernommen, wo sie alle Umstände offen und wahr angab. — Jede Nonne, sowie die Priorin wurden einzeln vernommen, die , wenigsten aber bekannten die Wahrheit, oder sie suchten wenigstens die Sache zu beschönigen, denn sie hatten hiezu von den Franziskanern genaue Anleitung und zugleich harte Androhungen erhalten, wenn sie im Verhöre anders aussagen würden, als ihnen vorgeschrieben war. — Nur fünf Nonnen ließen sich durch den Unterricht der Franziskaner nicht irre machen, und erzählten die Wahrheit mit allen gräßlichen Nebenumständen. Deren Aussagen brachten auch die Schicksale zweier anderer eingekerkerten Nonnen, nämlich der Klosterfrau Paschalia und der schon oben erwähnten Schwester Christina ans Licht.

Paschalia war zehn Jahre lang eingesperrt, ohne daß man die Ursache kannte. Sie verfiel endlich in Melancholie, und wurde eines Tages todt im Kerker aufgefunden ; — sie hatte sich mit ihrem Busenschleier erhängt.

Christina wurde vor ungefähr zwanzig Jahren wegen 

angeblichen Wahnsinnes eingesperrt, und starb vor anderthalb Jahren an der Abzehrung.

Die Aebtissin schob in ihren Verhören bezüglich der früheren Strafen der Magdalena wiederholt, wie sie schon früher gethem, alle Schuld auf die verstorbene Aebtissin; bezüglich der letzten Einkerkerung, die den Befahlen und Anordnungen des Weihbischofes Freiherrn von Werdenstein zuwider verhängt worden war, berief sie sich auf den ausdrücklichen Befehl des Franziskaner Provineials, und auf den Wahnsinn der Magdalena.

Die geführte Untersuchung ergab aber auch noch anderweitige Resultate. Es zeigte sich, daß die Franziskaner die schrankenloseste Oberherrlichkeit über das ganze Kloster der Klarissinen auf dem Anger führten, daß die ganze Administration, die Haushaltung und die Leitung der innern Angelegenheiten ausschließlich ganz in ihren Händen war, und daß sie sich dabei große Uebergriffe und Unordnungen erlaubten. In Folge des hierüber an den Kurfürsten erstatteten Berichtes erging am 2. November 1769 eine Verordnung, durchwelche die strafende Gerichtsbarkeit, als zur klösterlichen Disciplin nicht gehörig, in allen Klöstern ohne Unterschied der religiösen Orden aufgehoben und dabei anbefohlen wurde, bei Vermeidung der Aufhebung des ganzen betreffenden Ordens alle in den Klöstern besindlichen Kerker und Gefängnisse auf der Stelle zu demoliren und keine mehr zu errichten. Ferner wurde öftere Visitation der Klöster angeordnet und insbesondere den Franziskanern aller fernere Einfluß auf die weiblichen Klöster gänzlich entzogen.

Bezüglich der Magdalena oder Maria Baumann 

entschied die Regierung, dieselbe sei dem Kloster nicht mehr zurückzugeben, sondern in dem kurfürstlichen Spitale unterzubringen, wo ihr ein eigenes Zimmer einzurichten sei; es sei ihr, wenn sie wieder so weit hergestellt sei, daß sie gehen könne, erlaubt, auszugehen und ehrbare Familien und Gesellschaften zu besuchen; das Klarissinenkloster habe ihr zu ihrem Unterhalte jährlich zweihundert Gulden auf Lebensdauer zu bezahlen, und ihr eine volle Einrichtung auf ein Zimmer auszufolgen; — endlich habe das Kloster alle Kosten der geführten Untersuchung zu tragen.

Die ärztliche Behandlung, die Ruhe und die gute Verpflegung bewirkten, daß Maria Baumann nach fünf bis sechs Jahren soweit hergestellt war, daß sie, so viel es ihre geschwächten Kräfte zuließen, wieder gehen konnte.

Da gedachte sie ihres Gelübdes und wie Gott und die heiligste Jungfrau Maria ihr heißes Flehen erhört habe. Mit Erlaubniß des bischöflichen Ordinariates und der weltlichen Obrigkeit trat sie zu Fuß die Reise nach Loretto an. Glücklich erreichte sie diesen Gnadenort, und dankte an heiliger Stätte in inbrünstigem Gebete für ihre Errettung. Dann trat sie zu Fuß wieder die Rückreise an. Aber geschwächt durch die mühevolle lange Reise erkrankte die arme Dulderin unterwegs und starb den 1, August 1778 in einem Alter von 45 Jahren im Krankenspitale zu Narui in Italien.

Mayer - Münchner Stadtbuch (1868)