Münchner Sagen & Geschichten

Die Narren im Rathhaussaal

Trautmann - Die Alt-Münchner Wahr- und Denkzeichen (Seite 49)


MoriskentänzerSelbige Narren schreiben sich von einem sehr großen Bankett her, welches in den 1480ger Jahren und zu Zeiten des starken Herzogs Christoph auf dem Rathhaussaale stattfand. Weil man nun in alten Zeiten viel lustigen Spott trieb und den Narren einräumte, die Wahrheit zu sagen, womit dann oft viel mehr gedient war, als mit gar manchen hochweisen Leuten, welche heut zu Tage das Große Wort führen, so wurde da die menschliche Thorheit gegeiselt, indem die bewußten Narren lauter sonderbare Eigenschaften und Bestrebugen der Welt schilderten, und zwar zuerst mit größtem Ernst, hinterdrein dann mit Selbstverspottung. Da ging es also über den Ehrgeiz und die Herrschsucht, den Hochmuth der Gelehrten, die Gefahr der Leidenschaften aller Art her, in Kurzem, es war da nichts geschont, und es bewiesen die Narren auf das Schlagendste, daß vom Besten bis zum Schlimmsten und vom Ernstesten bis zum Lächerlichsten ein ganz kleiner Schritt sei, wenn sich der Mensch nicht im Zaum halte.

Weil nun jene Narren von ihrem Privilegium einen so trefflichen Gebrauch machten und durch ihre diversen Reden und Grimassen männiglich auf das Höchlichste delektirten, wurden sie sämmtlich in Holz abkonterfeit, ganz und gar, wie sie leibten und lebten, und zu beiden Seiten des Rathhaussalles aufpostiert. Die Gesellen müssen aber nicht wenig kühn gewesen sein, denn mit kam in Ansehung der Sache irgenwo vor Augen, das Herzog Albrecht der Weise, welcher sich auch bein Bankett befand, anfangs fast zornig gworden sei, als ihn ein Narr zuerst reimweise wegen seiner fadenscheinigen Gerechtigkeit für seinen Bruder Christoph fragte. Dann aber habe er gelächelt und auch reimweise gesagt:


Wöllt mich ein Andrer so fragen,
Möcht es Ihm schlechte Früchte tragen,
Dann du aber ain narre bist,
Voll Schalkheit und List,
Magst du so unschamenliches fragen;
Narren und Kinder dörfen was wagen.
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