Münchner Sagen & Geschichten

Alte Residenz

Trautmann - Die Alt-Münchner Wahr- und Denkzeichen (Seite 97)


Wer die alte Residenz im Innern sah, muß wohl bekennen, sie sei ein wunderwürdiges Wahrzeichen alter Kunst und gediegenster Pracht aus den Zeiten Churfürst Max I., dann seines Enkels Max Emanuel und seines Urenkels Karl Albert oder Kaiser Karl des Siebenten.

Ueber diese Residenz, ihre Reichthümer und die, früher mit der Fürstenburg zusammengehörigen, Gebäude und Anlagen ist gar Vieles in Schrift und Abbildungen vorhanden, so daß es mir nicht schwer würde, davon in das Weite zu berichten und noch jeßt das freudigste Staunen an den Tag zu legen.

Es ist mir aber in Letzterem schon einer Anno 1698 zuvorgekommen, nehmlich der Herr ,,Anthoni Wilhelm Ertel von Lebenburg, Ritter des Ordens St. Lazari in Jerusalem und Bethania, des heil. Römischen Reiches Immediat freyer Ritterschafft in Schwaben Raht und Gemeinschafftlicher Syndicus" - in der ,,Churbayrischen Atlantis," die noch gar Manche kennen und lesen.

Ich werde mich also wohl hüten, bessere Wärme und höheren Schwung zu bewähren, als dieser liebwerthe, biedere Mann, welcher von der Residenz und nächst auch von seinem Landesherren, Max Emanuel, spricht, der, wie gesagt, die Residenz noch verschönerte.

Es ist also nur billig, daß, statt meiner Worte, die seinen folgen, indem sie selbst ein rechtes Wahrzeichen sind, um wie viel weiter man dazumal in der Verausgabung klassisch gemüthlicher Bewunderung war, als in unserer stylstolzen Zeit, die sich nicht genug Worte weiß.

Oder wo wäre denn heutzutage Jemand, der den Reichthum der Schatzkammer, allein in einer Sache, so schlagend vorrückte, ohne weitschweifig zu werden, wie es da heißt, betreffend die Perlen:

„Ich kunte allhier bey 500 Stuck lauter ungemein selzamer Kostbarkeiten erzählen, worüber männiglich die Augen in lauter Verwunderung schwimmen wurden, aber eine geheime Ursach thut den Rinnsaal meiner freyen Feder verstopffen. Sol mir genug seyn, zu melden, daß alle menschlichen fünf Sinn gnug beschäfftiget seyn bey demjenigen, welcher solichen Schatz zu sehen begnadet wird."

Desgleichen wo der ehrentapfere St. Lazari - Ordens Ritter von dem Turnierhaus oder der alten Reitschule spricht, welche an der Stelle des jetzigen Bazars stand, lautend:
,,Ist ein herrliches Gebäu, allwo der bayerische Rittermäßige Adel schöne Prob-Stück ihres herßhaften Gemüts abzulegen pflegt. Und hat absonderlich unser siegprangender Emanuel an diesem Ort zum öfftern mit der spitzigen Lantzen und blanken Degen seine heroische Faust geprüfet, welche er hernach in dem unreinen Blut der Türkischen Hund und Mondrichtigen Bestien bei Wien, Gran, Neuhäusel, Waizen und mehr Orten mit triumphirenden Helden-Muth gefärbet und seinen bayerischen Löwen mit lauter Lorbeer Zweigen prächtig gekrönet hat."

Noch trefflicher bewährt sich der fürtreffliche Stylist in anderen Worten über den Churfürsten selbst, wie es da heißt:
 

,,Was nun dieser Heldenmüthige Fürst bey Entsetzung der von den blutdurstigen Türken hart beängastigten Stadt Wien, Eroberung der Haupt-Vestung Gran, und daselbst vorbengangener Feld-Schlacht, kostbarer Bestürmung und Obsiegung der Vestung Neuhäusel, drey Jahr lang hindurch für herrliche Lorbeer-Zweig einer niemals genug geprießenen Tapfferkeit, standhafftigsten Wachsamkeit und ungemeinen Glückseligkeit erobert, solches wird die Nachwelt in mehr ale tausend erlesenen Beschreibungen mit Erstaunen aufgezeichnet finden. Und weilen Emanuel anderst nichts ist, als Nobiscum Deus, so kan ich sicherlich meinem liebwerthen Vaterland den Trost geben, daß es mit Emanuel und in Emanuel und durch Ihn allen Beystand des Himmels, deß Glücks der Waffen und Siegs unsehlbar zu hoffen habe. Weilen auch Maximilian Emanuel nichts ist, als mit Verwechslung der Buchstaben Maximum Leuamen in alis, also dringet abermal die Folg, wie sicher und glückselig Bayern unter denen Flügeln dieses Chur-Fürstlichen Phoenix ruhen möge, als welcher aus dem glorwürdigsten Aschen Maximilian deß Ersten in Bayern und aus den kostbarsten Tugendrauch seines Herrn Vaters Ferdinand Maria hervorgesproßen und seine (erste ) Gemahlin Maria Antonia Josepha Benedicta Rosalia Petronella ein wahres Ebenbild aller Gnaden und Tugenden, mit der Milch der Oesterreichischen Sanfftmuth und Blut der Spanischen Herrlichkeit auferzogen, ein Spiegel aller anmuthigen Geister und ein recht lebhafter Granat-Apffel vieler hundert ausbündigster Gemüths-Zierden."


Stadtmodell von Sandtner