Münchner Sagen & Geschichten

Rings in der Altstadt

Das Ettal er Haus an der Fürstenfelderstraße

Raff - So lang der alte Peter... (Seite 79)


Als Ludwig der Bayer nach seiner Kaiserkrönung in Rom sich zur Heimfahrt rüstete, brachte er nichts mit sich, als geringen kriegerischen Lorbeer, viel bittere Enttäuschungen und einen durch die Kosten der Romfahrt geleerten Säckel, während in Deutschland ihn Sorgen und Aufgaben aller Art erwarteten. Da der Kaiser sich zersann, wie all dem abzuhelfen und keinen Rat fand, schloß er sich allein in eine Kapelle — wie es heißt im Gebirge — und klagte dort Gott im Gebet sein Herzeleid. Mit eins trat durch die verschlossene Türe ein ehrwürdiger betagter Mann im Mönchsgewand. Der sprach zu ihm: „Willst du Rat nehmen von mir, so mache ich dich aller Sorgen frei." — „Ja, wenn Dein Rat nicht wider Gott ist," gab der Kaiser zur Antwort. Darauf der Mönch: „Nicht doch; was ich Dir rate, dadurch wird Gott und seine süße Mutter erst recht geehrt." Da ward der Kaiser begierig, den Rat zu hören. Der Mönch sprach: „In Deinem Lande liegt ein Ort, der heißt Ampferang, dort sollst Du zu Ehren Gottes und der seligsten Jungfrau Maria ein Kloster bauen. Morgen wird zu Dir ein mächtiger welscher Herr kommen, der wird Dich um die Freiheit seiner Person und seines Gebietes bitten und wird Lehen von Dir empfangen. Dafür wird er Dir so viel Geld geben, daß Du getrost heimkehren kannst." Darnach reichte der Mönch dem Kaiser, der voller Staunen war, ein wunderholdes Marienbild aus einem seltsamen weißen Stein. Das hieß er ihn in der künftigen Kirche aufstellen. Und wie es der Kaiser in Demut empfing, da war der Mönch verschwunden.

Des anderen Tages aber erschien, getreu der Voraussage, ein reicher, welscher Edelherr, der bat um die Freiheit seiner Person und seines Gebietes. Und als der Kaiser dafür 100 000 Gülden begehrte, gab der ihm noch 50 000 mehr, und seinem Kanzler 2000 Gülden. Da war Ludwig der Sorgen quitt und fuhr nach Hause.

Als er aber in Bayern ankam, forschte er fleißig, wo der Ort Ampferang läge, denn noch niemals hatte er den nennen hören. Lange wußte ihm Niemand die Stätte zu weisen; endlich meldete sich ein Jäger mit Namen Heinrich Vend. Dem war der Ort bekannt und er zeigte dem Kaiser eine wilde Gegend in einem finsteren dichten Wald. Der Kaiser ließ alsbald den Wald roden, und im Jahre 1330 legte er den Grundstein zum Kloster Ettal. Das lichte Muttergottesbild, das ihm der Fremde verliehen, stiftete er dem Kloster und dazu reichlichen Unterhalt für 20 Mönche vom Orden des hl. Benedikt. Auch ein Ritterstift gründete er dabei, darin sollten 20 wohlverdiente, vermählte Ritter mit ihren Ehefrauen in frommer Zucht und Sitte unter einem Meister leben, desgleichen auch sechs Witwen tapferer Männer. Den Rittern waren Jagd und Reiherbeize, sowie Armbrustschießen gestattet, aber nicht das Spielen um Geld; ebenso war den Frauen der Tanz untersagt. Beim gemeinsamen Mahle der Ritter und Frauen durfte ohne Erlaubnis des Meisters niemand reden; dagegen ward aus frommen Büchern vorgelesen. Wessen Frau starb, der durfte sich wieder vermählen. Allen jedoch war streng geboten, ihre Ehen zu halten.

Nach dem Tode des Kaisers ging das Ritterstift ein, und Ettal bestand seitdem nur als Kloster. Das wundersame Muttergottesbild war und blieb ein Gegenstand hoher Verehrung der vielen Andächtigen, die zu der Stätte wallfahrteten. Die Rede ging, daß niemand wüßte, aus welchem Stoff es gemacht sei, ebenso daß niemand, der eine Todsünde auf sich hätte, es  zu heben vermöchte.

Lange Zeit war an einem Hause, nächst dem schönen Turm, da wo die Fürstenfelderstraße in die Neuhauserstraße mündet, ein Gemälde zu sehen, das darstellt, wie der Mönch dem Kaiser das Liebfrauenbildnis übergab. Dies Haus hatte Kaiser Ludwig gehört, und als die alte Veste, sein Wohnsitz, durch einen Brand verwüstet worden, hat er in eben dem Hause gewohnt, bis die Burg wieder hergestellt war. Darnach schenkte er das Haus dem Kloster Ettal, weshalb es von nun an das „Ettaler Haus" war. Und der damalige Abt ließ zum Gedächtnis das Bild daran malen. Den geheimnisvollen Tröster, der dem betenden Kaiser in der Stunde seiner Bedrängnis erschienen, hielten etliche für einen Engel Gottes; die Mehreren aber meinen, es sei der heilige Ordensvater Benedictus gewesen.

 


 Ludwig der Bayer Kaiser

Wir müssen draußen bleiben