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Mayer - Münchner Stadtbuch (1868)
Die Schuhmacher von München führen auf ihrer Fahne nebst dem Bilde der heiligen Mutter Gottes und ihrer Patrone, der Heiligen Trispinus und Trispinianus, auch noch den Mönch des Münchener Stadtwappens, gewöhnlich im Volke das „Münchnerkindl“ genannt, abgemalt. Den Mönch erhielten sie durch folgende Veranlassung.
Herzog Rudolph I von Bayern, welcher in früher Jugend schon die Verwaltung Oberbayerns während der Verhinderung seines Vaters, Pfalzgrafen Ludwig des Strengen übernehmen mußte, war mit den Augsburgern wegen des von Bayern beanspruchten Schirmherrn-Rechtes über die Stadt in Zwist und Hader gerathen, so daß er, um die stolze Reichsstadt zu schrecken, eine Veste am Lechstrome erbauen ließ. Allein die kriegslustigen Augsburger erschienen vor der Veste, ehe sie noch vollendet war, eroverten und schleiften sie. Das geschah im Jahre 1291. Anderweitige plötzlich eingetretene politische Verwickelungen verhinderten zur Zeit Rache und Vergeltung an der kühnen Kaufherrnstadt.
Als aber nach dem Tode Ludwigs des Strengen am 3. Februar 1294 Rudolph die Regierung des Herzogthums von Oberbayern und der Rheinpfalz übernommen hatte, gedachte er alsbald der Schmach, welche ihm die Augsburger durch Zerstörung seiner Burg am Lech angethan hatten, und beschloß die Sstadt zu züchtigen. Im Frühsommer des Jahres 1295 sendete er einen Haufen muthiger Münchener Bürger, unter Anführung seines Feldhauptmannes Konrad von Haltenberg gegen die Burg Mergenthau, gelegen an der Paar oberhalb dem Lechfelde. In einem nächtlichen Ueberfall wurde die Burg von den Münchenern erstiegen. Als diese Nachricht nach Augsburg kam, entstand große Aufregung; alles lief zu den Waffen. Vergebens zwar versuchten die Augsburger das verlorene Schloß wieder zu gewinnen; dagegen aber fielen sie in bayerisches Gebiet ein, und sengten und brennten weit und breit herum. Ein blutiger Krieg erfolgte zum Unheil und Verderben des Landes, bis endlich der Kaiser Ruhe gebot und fernere Fehde zwischen Herzog Rudolf und den Augsburgern gänzlich abthat.
In einem dieser Gefechte, - die Sage nennt nicht, welches – waren des Herzoges Rudolf Kriegsschaaren schon sehr im Nachtheile, so daß die Schlacht für ihn verloren schien. Alle Banner lagen bereits zu Boden, nur das Banner der Schuhmacher von München stand noch unerschüttert und setzte den Kampf muthig fort, bis die Augsburger endlich geschlagen weichen mußten. Die Münchener Schuhmacher hatten die Schlacht gewonnen.
Zur Belohnung setzte ihnen der Herzog Rudolf, - (die spätere Sage nennt aber den Kaiser Ludwig den
Bayern, der jedoch im Jahre 1295 noch nicht regierte) – den Mönch des Münchener Stadtwappens in ihr Banner.
Das alte Zunftbuch des löblichen Schuhmacherhandwerkes vom Jahre 1440 gibt hierüber folgende Nachricht:
„Volgt zu ainer gedächtnuß des Handtwercks Freyhait des Pniers verzaichnet. Item es ist zu wissen, warum das Handtwerck der schuechmacher den münch fürent, wie die Stat an dem panir. Das ist wol wissentlich, daß pey ainem kayffer dem got genadig sey, ain streitt gevochten ist wordtn. Da ging sein panir untter undt alle ppanir, dann das der schuechmacher, das beleyd. Da ward der streitt unter gewunnen und behabt. Darumb begabt der kaysser dye schuechmacher von münchen mit dem Münch, das sye in dem rotten pueck geschriben, das mein Herrn von ainem rat haben. Item meine Herrn vom ganzen Ratt haben geordnet zu dem umbgang unseres Herrn fronleichnamstag, das dye schuster und ir knecht soln gehen vor den kupferschmiden.“
Weiter alte Verse, auf einer Tafel befindlich, lauten:
„Als sich zu Kaiser Ludwigs Zeit,
Erheben thet ein harter Streit
Dermassen, daß in kurtzer stundt
Alle Banner gingen zu grundt
Ausgenommen der Schuechmacher werth
Blib aufrecht und ganß unversert,
Der feindt kein mie und fleiß nit spart
Diesem Fändlein zusetzet hart.
Mit aller macht zu undertreiben.
Standhafft thet es vor ihm bleiben
Mit herzenhafft männlicher Handt,
Und fand so großen widerstant
Die Ritter sich lagen ob,
Den Sieg erhielt mit Preis und lob.
Von wegen dieser ritterlichen that
Vergabt Kayserliche Mayestatt
Die Schuemacher insonderhalt
Mit einer ewigen Freyhait,
Daß so döfen on menniglich Irren
Den Münch in Irem paner führen
Und die Schuehmacherknechte will sie so treu
Iren Maistern seind gestanden bey
Und dargestreckht Ihr leid und leben,
Hat Kayserliche Mayestatt In geben,
Auch eine ewige Feyhait zwar,
Daß sy zu Altenhoff alle Jar,
In der furstlichen Kürchen herrlich
Iren Gottesdiest verrichten ehrlich
Ein ewigs Licht brennen daneben.
Solch Freyhayt hat Kaiser Ludwig geben
Das ist geschehen offenbar
Als man nach Christi Geburth klar
Zält aintausen zweyhundert Jar
Und fünfundneunzig Jahr, und wahr.