Münchner Sagen & Geschichten

Aus dem Leben Orlando di Lasso's.

Mayer - Münchner Stadtbuch (1868)


Unter den beiden Regierungen der Herzoge Albrecht V. und Wilhelm V. warder berühmte Tonkünstler Orlando di Lasso Kapellmeister in München.

Derselbe war zu Bergen im Hennegau 1532 geboren, kam 1557 an Albrechts V. Hof, und ward daselbst 1562 mit 400 fl. Gehalt dessen Kapellmeister. Von Kaiser Marimilian geadelt, starb er im Jahre 1594 und wurde in der Franziskanerkirche begraben. Sein Grabstein, welcher die sinnvolle Inschrift tragt:

Hic jacet 0rlanckus ille Lassus,
Qui lassum recreat orbem,

befindet sich gegenwärtig im bayerischen National-Museum.

Ausserordentlich zahlreich sind seine Musikkompositionen, bestehend aus Messen, Offertorien, Hymnen und dergleichen Kirchen-Musiken, dann Madrigalen und Liedern in deutscher, italienischer und französischer Sprache.

Aus seinem Leben erzählt der Rath Herzog Wilhelms V. Lizenziat Müller, in seiner Beschreibung der Fronleichnamsprozession — handschriftlich in der k. Staatsbibliothek, 

— folgende interessante Anekdote, die wir hier wörtlich mit den einfachen und treuherzigen Worten des Lizenziat Müller wiedergeben.

„Jtem was sich auuo 1584 mit dem Wetter zugetragen.

„Wie anno 1584 die hohe Fronleichnamsprozession, wobei der Bischof von Eichstädt allhie gewesen, und man bei St. Peter ausgegangen, ist gleich im Anzug zu Morgen um 4 Uhr ein gähling Wetter entstanden, donnert und gehimmlitzt und zwei Wetter zusammen gegangen, auch dermaßen zu regnen angefangen, daß alle Personen der Figuren eilends in die Häuser und Kirchen unterstehen und der Kleider verschonen müßen; ist also Jedermann der Meinung gewesen, man werde von des Ungewitters wegen den Umgang bis auf einen andern schönen Tag einstellen. Als haben die Fürstenspersonen etlichmal auf St. Peters Thurm sehen lassen, wie sich das Wetter anlasse, ob demselben zu vertrauen oder nit, aber allzeit durch die Thürmer herab entboten worden, dem Wetter sei keineswegs zu vertrauen, es gehen wieder auf der andern Seiten zwei neue schwarze Gewilk und Wetter auf. Also seien die Fürstenpersonen lang im Zweifel gestanden, ob man ausgehen soll oder nit; nun haben Ihre fürstliche Durchlaucht mich Liceneiaten Müller, dero unwürdigen unterthänigsten Rath und Diener, zum Stuhl in der Kirchen hinzugefordert und angefragt, was ich vermein das zu thun sei, darauf ich unterthanigst geantwortet, es würde, da es regnen sollte, großen merklichen Schaden bringen, aber dieweil der, welcher das Wetter machen und aufhalten könnte, selbst mitgetragen werde, und Jhm als dem allmächtigen Gott diese Ehr geschehe, so vermeinte ich, es wär Demselben billig zu vertrauen, gesiel Ihm diese Andacht und Ehrerzeigung, so würde Er den Regen schon aufhalten, und wo nit, so würde Er auch ein andermal regnen lassen, ich meinte, man soll fort gehen. Darauf Ihr fürstl. Durchl. gnädigst geantwortet, Sie wollens Gott in seinen göttlichen Willen heimstellen und demselben billig vertrauen, ich soll nur anziehen lassen. Wie ich nun mit meinen Mitcommissarien Jederman in die Ordnung angestellt, hat es anders nit gesehen, als wöll es alle Augenblick einen großen Platzregen thun, und etlichmal angehebt zu tröpfeln. Nun wie alle Ding in Ordnung gewesen, bin ich wiederum zu Ihr Durchl. geritten, in die Kirchen hineingegangen und Ihr fürstl. Durchl. gehorsamst vermeldt, alle Sachen seien schon in guter Ordnung, Ihr fürstl. Durchl. sollen nur in Gottes Namen das hochwürdige Sakrament lassen bis zu der Kirchenthür anziehen, und bis die Clerisev mit ihren Kreuzen und Fahnen auch die Bruderschaften vorüber gehen, allda verharren lassen, und allda der ganzen Clerisey Zug fortziehen sehen, welche Zeit allweil der Himmel gar schwarz und trüb gewesen. Wie nun gleich das hochwürdig Sakrament durch die Kirchthüre herausgetragen wird, und Herr Orlando di Lasso sein wohlberühmtes und liebliches Gesang gustate et videte anhebt, so hebt die Sonne dermaßen an St. Peters Thurm an zu scheinen, daß ich vor lauter Freuden aus der Ordnung tritt und zu Ihr fürstl. Durchl. hinzugehe und zeig derselben, wie die Sonne an die Thürme scheint, und sag mit diesen Worten zu Ihr Fürstl. Durchl.: Gustate et videte quam suavis sit Dominus timentidus eum et confidentidus ei, welches Ihr fürstl. Durchl. mit Freuden angehört, auch mir darauf gnädigst geantwortet: freilich, freilich. Ist auch also die ganze Prozession mit schöner Sonnen, und doch auch einem feinen kühlen Lüftlein gar glücklich und schön ausgangen und um die ganze Stadt herum, auch wiederum männiglich ohne Schaden zu Haus kommen ; alsbald aber die Prozession vorüber gewesen, hat sich ein solcher jammerlicher Platzregen erhebt, als der mit Schapfen gieße, also daß man vermeint, als wolle ein Wolkenbruch kommen, daraus die Allmächtigkeit Gottes, und die wahre Präsenz des zarten Fronleichnams Jesu Christi und daß diese schuldige Ehrerzeigung und aller Personen einhellige Andacht Gott dem Allmächtigen wohlgefällig gewesen, leichtlich hat können abgenommen und verstanden werden mögen, welches nit allein damals, sondern auch noch etlichemal unterschiedlicherweis hat können gemerkt werden, dann man heuer augenscheinlich gesehen, daß der ganze Himmel auf etlichen und vielen Meilen Wegs mit Regen umzogen gewesen, auch ausser der Stadt überall gräulich geregnet, aber durch den Segen Gottes und frommer Leute treuherzigem Gebet solcher Regen miraouloss durch einen sanften Wind ist aufgehalten und letztlich gar verjagt, also daß sich Jedermanniglich von Herzen darüber verwundert und es für ein miraoulum und sondere Gnad Gottes gehalten worden. Und ist also etlichmal auch in währender Prozession observiert worden, wenn der Herr Orland und die fürstl. Cantorei dieß Gesang Gustate et videte zu singen angefangen, daß allemal die Sonne mehr und schöner als zuvor geschienen, welches die Fürstenpersonen selbst gemerkt, und etlichmal einen Kammerdiener oder Lakai zu mir geschickt und sagen lassen, ich soll aufs Gustate et videte merken, und den Himmel ansehen, welches ich auch hierinnen billig Gott und der ansehnlichen Prozession zu Lob, und dem herrlichen wohl componirten lieblichen Gesang des Herrn Orland zu Ehren melden wollen."


 Lasso Orlando di

Stadtmodell von Sandtner