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Der Frühling oder Jeanne (französisch Le Printemps oder Jeanne) ist ein Gemälde des französischen Malers Édouard Manet. Das 1881 in Öl auf Leinwand gemalte Werk hat eine Höhe von 74 cm und eine Breite von 51,5 cm. Es zeigt die spätere Schauspielerin Jeanne Demarsy in einem eleganten weißen Kleid mit Blütendekor vor einem Pflanzenhintergrund. Das Bild ist Teil einer geplanten Reihe, bei der die vier Jahreszeiten durch Frauen dargestellt werden sollten. Hiervon kamen jedoch nur die Motive Frühling und Herbst zur Ausführung. Manet zeigte Der Frühling 1882 im Salon de Paris, wo es von der Kritik positiv aufgenommen wurde. Nach dem Bild entstanden verschiedene Radierungen und es wurde bereits 1882 farbig reproduziert. Das Gemälde Der Frühling gehört zur Sammlung des J. Paul Getty Museums in Los Angeles.
Das Gemälde zeigt eine junge Frau als Halbfigur in Profilansicht vor einem floralen Hintergrund. Dargestellt ist die etwa sechzehnjährige Jeanne Demarsy, die Manet in diesem Bild in der Gestalt des Frühlings porträtierte. Das zum linken Bildrand weisende Gesicht hat einen hellen Teint, der in Teilbereichen eine leichte Roséfärbung aufweist. Die Kontur von der Stirn über die Stupsnase und die üppigen roten Lippen bis zum Kinn ist mit feiner Linie gezeichnet. Ihre braunen Augen blicken geradeaus zum Bildrand oder, wie der Kunsthistoriker Gotthard Jedlicka schreibt, „mit jugendlicher, fast kindlicher Nachdenklichkeit vor sich hin“.[1] Deutlich zu erkennen sind die langen Wimpern und dichten dunklen Augenbrauen. Ihr ebenfalls dunkles Haar schaut in leicht gelockter Form unter einer Capote (Kapotthut) hervor.
Die Capote ist nach vorn mit reicher weißer Rüschendekoration versehen. Auf dem bräunlichen Hut sind als Verzierung verschiedene Blüten in Mauve und Gelb-Weiß angebracht. Breite dunkle Bänder reichen vom hinteren Teil der Capote entlang des Halses nach vorn und sind unter dem Kinn zu einer Schleife gebunden. Neben dem Hut gehört das eng anliegende weiße Kleid mit Blumendekor zur modischen Aufmachung der Jeanne Demarsy. Es ist zum Hals hin geschlossen und hat eine Kürasstaille (auch Geigentaille), wie sie für die Pariser Damenmode um 1880 typisch ist. Der im Bild zu sehende halblange Ärmel reicht bis über den Ellenbogen. Während der Stoff am Oberarm ebenfalls eng anliegend ist, fällt er am weit geschnittenen Ärmelende in Falten nach unten. Das weiße Kleid ist mit einem floralen Muster versehen, bei dem im oberen Bereich detailreich einzelne blaue und gelbe Blüten sowie grüne Blätter zu erkennen sind. Zum unteren Bildrand hin hat Manet diese Feinmalerei durch einen impressionistischen Pinseldukuts ersetzt. Hier verschwimmen die Einzelheiten des Stoffmusters und werden durch kurze, vertikale Pinselstriche ersetzt.
Der dem Bildbetrachter zugewandte linke Unterarm steckt in einem langen beigefarbenen Handschuh, der bis unter den Ärmel des Kleides reicht, sodass hier keine Haut zu sehen ist. Am Handgelenk trägt Mademoiselle Demarsy einen schmalen Goldreif mit einer kleinen Perle oder einem Edelstein. Die linke Hand umfasst den Stock eines Sonnenschirms, den sie wie ein Soldat sein Gewehr über die Schulter gelegt hat.[2] Der geöffnete Sonnenschirm (auch Parasol) füllt die obere rechte Ecke aus und wird vom rechten Seitenrand abgeschnitten. Er ist – ähnlich wie die Handschuhe – mit einem beigefarbenen Stoff bespannt und am Rand mit einer Spitzenbordüre versehen.
Hinter Jeanne Demarsy steht ein üppiger Strauch mit zahlreichen grünen Blättern. Möglicherweise handelt es sich hierbei um Rhododendron, der im Frühjahr seine Blüten hervorbringt. Eine solche Blüte ist außerdem in der linken oberen Ecke zu sehen, wo der blaue Himmel hinter dem Strauch durchscheint. Im Geäst am unteren rechten Bildrand geht der Blick auf eine hinter dem Strauch befindliche Wiese. Möglicherweise ist hier eine Gartenbank skizziert. Bei zwei rechts oberhalb der Schulter platzierten roten Farbtupfern könnte es sich um weitere Blüten, aber auch um das Dach eines Hauses handeln. Das Bild ist am unteren Bildrand links im Pflanzengrün neben dem Kleid mit „Manet 1881“ in Schwarz signiert.
Für Gotthard Jedlicka stellt die im Hintergrund zu sehende „Gartenwildnis“ einen Gegensatz zur „städtischen Anmut“ der Porträtierten dar. Er sieht im Gesicht der jungen Frau „eine Frucht“, die wie „der Frühling selber auf seine Entfaltung zu warten scheint“.[1] Die Kunsthistorikerin Juliet Wilson-Bareau betont, im Zusammenspiel von geblümtem Kleid, Sonnenschirm, Blumen auf dem Hütchen, blauem Himmel und Blattwerk „erweckt das Bild von Jeanne die Vorstellung von Frühling unmittelbar“.