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Der Ursprung der Welt (L’Origine du monde) ist ein Gemälde von Gustave Courbet (1819–1877) aus dem Jahr 1866. Das skandalträchtige Gemälde befindet sich heute im Musée d’Orsay in Paris. Es ist in Öl auf Leinwand gemalt.
Das Bild zeigt eine Nahsicht der behaarten Vulva einer liegenden, nackten Frau mit gespreizten Schenkeln. Der Rest des Körpers ist, mit Ausnahme des Bauches und einer Brust mit Brustwarze, nicht abgebildet. Die naturalistische Darstellung des unverhüllten weiblichen Geschlechts im Zentrum des Bildes wird durch die weichen Linien des seidenartigen Stoffes, der den Körper der Frau zum Teil verhüllt, noch unterstrichen. Der braune Bildhintergrund steht im Kontrast zu der hellen, glänzenden menschlichen Haut im Bildvordergrund.
Die Konfrontation mit der konkreten Realität der menschlichen Sexualität ist das offensichtliche Thema des Bildes. Es galt schon zu Lebzeiten Courbets als Wendepunkt in der Geschichte der Malerei und machte nicht nur wegen des anstößigen Motivs in den Pariser Salons die Runde. Danach wurde es – auch weil es niemand mehr zu Gesicht bekam – zu einem Mythos. Die Geschichte seines Verstecktwerdens zeigt, dass es die Tabugrenzen der Kunst verschob.
Auch seit seiner Wiederentdeckung und erstmaligen Ausstellung rief das Bild teilweise heftige Reaktionen hervor. In Feuilletons und Debatten wurde immer wieder der Vorwurf der Pornographie laut: Die Grenzen der Kunst schienen hier überschritten worden zu sein. Die unverhüllte Darstellung der Vulva löst auch heute noch heftige Reaktionen beim Publikum aus. Im Musée d’Orsay wurde deswegen ein Wachmann mit der permanenten Bewachung nur dieses Kunstwerkes beauftragt.
So gehören Bildmotiv und das, was unsichtbar-sichtbar außerhalb des Rahmens stattfindet, untrennbar zusammen: Das unverhüllte Geschlecht und die Verhüllung, mit der es umgeben wurde, aber auch die erneute Enthüllung ohne die vorherige Abdeckung zeigen die Aussagekraft des Bildes und gehören zu seiner Wirkung.
In der Kunstgeschichte markiert das Bildmotiv einen gewissen Endpunkt des Realismus: Die realitätsnahe Darstellung und der Bildausschnitt widersprachen einander. Ein Zeitgenosse Courbets bemerkte dazu:
Der Künstler, der sein Modell naturalistisch kopierte, hat vergessen, die Füße, die Beine […] und den Kopf wiederzugeben.
Dieses Weglassen des Kopfes ist dabei genau diejenige Perspektive, die der Feminismus hundert Jahre später als charakteristisch für die Pornographie bezeichnen sollte: Die Frau wird zum Objekt der männlichen Ausbeutung, zum reinen Körper ohne Gesicht und Persönlichkeit. Das Bild rührt hier – neben der Darstellung von Sexualität und expliziter Nacktheit – an ein weiteres Tabu: die gesellschaftlichen Machtstrukturen und ihre ikonographische Aktualisierung. Das macht das klassische Tafelbild trotz seiner figurativen Exaktheit und traditionellen Maltechnik modern.