Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Titel | Die Kunstschätze der Münchner Residenz |
Autor:in | Brunner Herbert |
Verlag | Süddeutscher Verlag |
Buchart | Gebundene Ausgabe |
Erscheinung | 1977 |
Seiten | 360 |
ISBN/B3Kat | 3799157433 |
Kategorie | Kunstführer |
Suchbegriff | Residenz |
Regierungsbezirk | Oberbayern |
Die Residenz in München ist das fürstliche Kernstück der Stadt, Gegenpol des bürgerlichen München mit seinem Zentrum am Marienplatz und des kirchlichen um St. Peter und Frauenkirche. Seit 1255, als München Hauptstadt des bayerischen Oberlandes wurde, regierten von hier aus die Wittelsbacher. Zunächst in der sogenannten »Alten Vest« oder dem »Alten Hof« beheimatet, zog sich der Hof Ende des 14. Jahrhunderts an den damaligen Stadtrand nahe dem Schwabinger Stadttor zurück. Hier war Raum genug, daß sich die Residenz immer mehr ausdehnen konnte. Fast jeder regierende Wittelsbacher ließ in mehr oder weniger großem Stil an- oder umbauen, zumindest aber neu einrichten. Der erste, der die Residenz zu Ansehen bringt, ist Herzog Wilhelm IV. Schon sein Nachfolger, Herzog Albrecht V., greift mit seinen Neubauten weit über den Zweck des Wohn- und Residenzbaues aus: Das Kunstkammergebäu, errichtet von Wilhelm Egkl 1563 bis 1567 (heute Münzhof im Hofgraben Nr. 4) beherbergt die »Kunst und Wunderkammer« des ersten großen Sammlers unter den Wittelsbachern, das Antiquarium (nach 1569), einst freistehend, heute im Residenzkomplex am Grottenhof verbaut, die Antiken. Mit diesen beiden Herzögen beginnt die Residenz nicht nur architektonisch zu wachsen, sie legen auch den Grundstode zu den unendlich reichen Sammlungen, die jeder Herrscher in jedem Jahrhundert vermehren sollte, bis zum Ende der Wittelsbacher Regierung im Revolutionsjahr 1918.
Die Baugeschichte der Münchner Residenz ist lang und kompliziert, beinahe so undurchforschbar wie die des Vatikan, an der noch mehr Jahrhunderte und große Bauherren gewirkt haben. Sie muß noch geschrieben werden.
Dieses Buch möchte sich zur Aufgabe machen, aus der Fülle der Kunstschätze, die sich im Lauf der Zeit hier angehäuft haben, das Schönste und Beste dem Betrachter und Leser vorzustellen.
Fast alle großen öffentlichen Museen und Sammlungen Münchens nahmen ihren Grundstock an international berühmtem Ausstellungsgut aus der Residenz. Münchens Ruf als Kunststadt geht zu einem nicht geringen Teil darauf zurück. König Ludwig 1. war der erste, der einen Teil der fürstlichen Sammlungen dafür hergab, dazu dann allerdings auch noch großzügigste Neuerwerbungen fügte. Antike Stücke und Gemälde wanderten damit aus der Residenz in die Glyptothek und in die Pinakothek, unter Max II. kamen weitere Stücke, vor allem aus dem Bereich des Kunstgewerbes, in das Bayerische Nationalmuseum.
Was in den Zimmerfluchten und Sälen der Residenz zurückblieb, ist immer noch reich genug, um zu den großen europäischen Sammlungen zu zählen, nur ist es viel zu unbekannt. Das liegt zum großen Teil daran, daß durch Aufstellungsprobleme nach 1918, durch Krieg, Zerstörung und langwährenden Aufbau immer nur Teile davon dem Publikum zugänglich waren.
Bestechend an der Sammlung von Kunstschätzen in der Residenz ist ihre Vielseitigkeit. Große Teile davon sind zudem durch die Gunst der Umstände und den schon frühzeitig testamentarisch festgelegten bewahrenden Sinn der Wittelsbacher einmalig in ihren Beständen. So enthält allein die Schatzkammer Wertstücke aus allen Zeiten, die die Familie treu bewahrte und auch in Zeiten der Not nicht veräußern durfte.
Die Gemäldesammlung beginnt mit Herzog Wilhelm IV. und der von ihm in Auftrag gegebenen berühmten Folge von Historienbildern, deren Teile heute verstreut, zumeist aber in der Alten Pinakothek (darunter die Alexanderschlacht von Albrecht Altdorfer) hängen. Ein kleiner Rest der herrlichen Sammlung, die vor allem Kurfürst Max Emanuel aus den Niederlanden und das Pfälzer Erbe hinzubrachten, ist noch in der Grünen Galerie und im Miniaturenkabinett zu bewundern. Die Sammlung von Plastik und Antiken ist ebenfalls stark geschrumpft, zurück blieben vor allem die großen Bronzeskulpturen, die Fassaden, Höfe und Brunnen schmücken.
Die Schatzkammer bewahrt kostbarste Stücke, angefangen von den Herrlichkeiten, die schon HerzogLudwig VII. von Ingolstadt wohl bei seinem Schwager, dem französischen König, erworben hatte (darunter das »Goldene Rössel« in Altötting), bis zu Objekten, die nach der Säkularisation aus den kirchlichen Fürstentümern gerettet wurden.
Die Silberkammer gehört neben der russischen der Zaren zu den reichsten in Europa. Ihre Schätze sind nicht alle - wie so oft — in den Schmelztiegel gewandert. Die Porzellankammern enthielten von Anfang an die rarsten chinesischen Sammlerstücke und wurden nach der Erfindung des europäischen Porzellans laufend mit den besten Produkten aller Manufakturen bereichert. Besonders Meißen, Nymphenburg und Frankenthal sind mit herausragenden Stücken vertreten. Möbel, Gobelins, Lüster, Uhren, alles was an sonstigen Einrichtungsgegenständen erhalten ist, gehört zum Besten, was Kunsthandwerker hervorgebracht haben. Jeder Kunstliebhaber und Sammler wird hier Entdek-kungen machen können. Der vorliegende Band ist die erste Veröffentlichung, die sich mit den Sammlungen der Residenz als Ganzem beschäftigt, sie sowohl historisch als auch künstlerisch in ihrem Werden und Bestehen würdigt. Dr. Herbert Brunner, langjähriger Direktor des Residenzmuseums, war wie kein anderer berufen, diese Schätze der Öffentlichkeit vorzustellen.