Frauen am Münchner Hof (1651-1756)
Frauen waren am Münchener Hof in unterschiedlichen Positionen und Hofämtern mit verschiedenen Privilegien und Pflichten zu finden. Sie konnten ledig, verheiratet oder verwitwet sein. So begegnen sowohl die Fürstinnen und Prinzessinnen als auch einzelne Bedienstete, von der Wäscherin bis zum Kammerfräulein, von der Küchengehilfin bis zur Obersthofmeisterin. Stimmt die weit verbreitete Annahme wirklich, dass Frauen am Münchener Hof keine nennenswerte Rolle spielten? Begnügten sie sich in der Regel mit der Begleitung der Männer, die eindeutig als Protagonisten des Geschehens in Politik, Gesellschaft und Kultur gelten? Zumindest im Bereich religiöser und sozialer Fürsorge nahmen Frauen schließlich eine Vorbildfunktion wahr. Und es waren nicht nur die Kurfürstinnen, sondern auch ihre Töchter oder adelige Amtsträgerinnen, die hier in den Blick rücken. Der Hof in München zählte im 17. und 18. Jahrhundert nach dem Wiener Kaiserhof zu den größten im Alten Reich und strahlte überregional aus. Dennoch ist er bislang kaum systematisch historisch erforscht worden. Das vorliegende Buch verfolgt die Entwicklung des Frauenzimmers, geht mit sozialgeschichtlichen Fragestellungen adeligen Frauen am Hof nach, stellt Normen für die Hofämter und die Lebenswirklichkeit der Frauen gegenüber und weitet den Blick auf religiöse, soziale und kulturelle Handlungsspielräume sowie die Rolle der Frauen in Transferprozessen innerhalb Europas.
Britta Kägler studierte in Eichstätt, Washington D.C. und München Geschichte, Germanistik und Politische Wissenschaften. Nachdem sie von 2007 bis 2010 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Bayerische Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München war, arbeitet sie inzwischen am Deutschen Historischen Institut in Rom. Die vorliegende Studie wurde vom Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine mit dem Forschungspreis 2010 ausgezeichnet.
- Vorwort
- 1. Thema und Gegenstand.
- 2. Forschungsstand
- 2.1. Der Münchener Hof in der Frühen Neuzeit.
- 2.2. Frauen am kurfürstlichen Hof in München.
- 3. Methodisches Vorgehen.
- 3.1. Zeit, Raum und Gegenstand.
- 3.2. Quantitative Analysen: Sozialstruktur des weiblichen Hofes.
- 4. Frauen am Münchener Hof in der Zeit von 1651/52 bis 1756 .
- 5. Amtsträgerinnen
- 5.1. Sozialstruktur des Münchener Hofes
- 5.1.1. Der Hof als Ganzes: Personalstruktur.
- 5.1.2. Entwicklungen der Personalstruktur
- 5.1.3. Ein Sonderfall: das Frauenzimmer
- 5.1.4. Kammerordnungen und Dienstinstruktionen - Regelwerk des höfischen
- Alltags.
- 5.2. Der Weg an den Hof.
- 5.2.1. „1000 Meilen bis zum Hof - Die regionale Herkunft
- 5.2.2. Herkunft: Familie, Ämter, sozialer Status
- 5.2.3. Ein bayerischer Hofadel?.
- 5.3. Abschied vom Hof
- 5.3.1. Die Heirat-Vom Fürstenhof ins Adelshaus
- 5.3.2. Der Eintritt ins Kloster.
- Zwischenergebnis
- 6. Familie und Favoritinnen.
- 6.1. Prinzessinnen
- 6.1.1. „guette jnclinationes und Talente" - Standesgemäße Erziehung.
- 6.1.2. Abschied vom Münchener Hof
- 6.1.2.1. Der Normalfall: Vermählung
- 6.1.2.2. Die Ausnahme: Eintritt ins Kloster.
- Zwischenergebnis
- 6.2. Kurfürstinnen
- 6.2.1. Heiratsverträge - Schlüssel zur Selbständigkeit?
- 6.2.1.1. Finanzielle Absicherung in kurbayerischen Heiratsverträgen.
- 6.2.1.2. Vorsorgemaßnahmen für den Witwenstand.
- 6.2.2. Vermählung und Ankunft in München.
- 6.2.2.1. Bleibt alles gleich? - Traditionalismus und Wandel
- 6.2.2.2. Savoyen statt Steiermark - Brautreisen nach München
- 6.2.3. Einrichtung des Münchener Hofstaates
- 6.2.3.1. Mitgebrachte alte Dienerschaft
- 6.2.3.2. Unbekannte neue Dienerschaft
- 6.2.3.3. Synthese eines neuen Hofstaates.
- 6.2.4. Fürsprecherinnen Münchens? - Der Einfluss der Fürstinnen.
- 6.2.4.1. Internationale Verwandtschaft.
- 6.2.4.2. Korrespondenz mit fremden Höfen.
- 6.2.4.3. Gesandtschaften im Frauenzimmer.
- 6.2.4.4. Nobilitierungen von Ausländern.
- 6.2.4.5. Religiosität im Alltag des Frauenzimmers - „Sclävinen der Tugendt"
- Zwischenergebnis
- 6.3. Mätressen.
- 6.3.1. Kein französisches Modell
- 6.3.2. Ein Verhältnis zum eigenen Vorteil.
- 6.3.3. Doppelt abgesichert - illegitime Söhne der Mätressen
- 6.3.4. Rivalin der Kurfürstin oder Außenseiterin am Hof?
- Zwischenergebnis
- 7. Organisation und Interaktion
- 8. Weiblicher Hof in Norm und Praxis.
- 8.1. Instruktionen einzelner Hofämter
- 8.1.1. Hofmeisterinnen - „der gewalt völlig eingeraumbt"
- 8.1.2. Kammerfräulein und Hofdamen - „in gueter christlicher Zucht"
- 8.1.3. Amme und Aja - „ein sorgfeltig wachtbares aug"
- 8.1.4. Verhaltensnormen und Sanktionen
- 8.2. Versorgung am Hof.
- 8.2.1. Besoldung der Hofämter.
- 8.2.2. Freiwohnungen in der Residenz
- 8.3. Verdichtungsmuster des Hofstaates.
- 8.3.1. Mobilität des Hofstaates - Kurzreisen innerhalb Bayerns
- 8.3.2. Logistische Meisterleistung - Reisen ins europäische Ausland
- 8.4. Höfischer Kulturtransfer.
- 8.4.1. Kulturtransfer und seine Dimensionen
- 8.4.1.1. Voraussetzungen für höfischen Kulturtransfer.
- 8.4.1.2. Kulturelle Einheiten.
- 8.4.2. Kulturtransfer im Frauenzimmer.
- 8.4.2.1. Personelle, dingliche und konzeptionelle Transfers.
- 8.4.2.2. Konflikte am Münchener Hof
- Zwischenergebnis
- 9. Hofdienste als Ausgangspunkt für weibliche „Karrieren" .
- 9.1. In der Nähe der Kurfürstin
- 9.1.1. Funktionshierarchie als Ordnungsprinzip?.
- 9.1.2. Dienstablauf der Amtsträgerinnen im Frauenzimmer.
- 9.1.3. Der Münchener Hof im Jahreslauf
- 9.2. Eigeninteressen im Frauenzimmer
- 9.2.1. Der Heiratsmarkt als Aufstiegschance?
- 9.2.2. Kooperation mit der Verwandtschaft
- 9.3. Der Münchener Hof in der Krise: Exil 1704/05-1715
- 9.3.1. Finanzielle Sorgen
- 9.3.2. Brüssel statt München - Repräsentation und Machtanspruch.
- 9.3.3. Venedig statt München - Incognito einer Kurfürstin
- Zwischenergebnis
- Schlussbemerkungen.
- Anhang
- Quellenanhang
- Bildnachweis.
- Tabellenverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis.
- Quellen- und Literaturverzeichnis.