Alte Quellen

Union-Hotel

Quelle Zauner - München in Kunst und Geschichte (341)
Jahr 1914
Straße Barerstraße 7

Union-Hotel, Barerstr.7. (Kath. Casino). Erbaut von Richard Berndl. „In der Gesamtleistung ein Werk von seltener Einheitlichkeit, in dem bis in alle Kleinigkeiten das Schaffen eines Künstlers von vornehmem und sicherm Geschmack zu spüren ist [KH 07/08]“.

Fassade durch 4 mäßig hervortretende streifenartige Schäfte vertikal in 3 Felder gegliedert, die wieder durch schmälere und flachere Streifen in je 2 Felder zerfallen; im obersten Geschoß auf den Schäften Heiligenstatuen, sehr glücklich zum Gesims überleitend und plastisch belebend. Felder zwischen den Fenstern stufenweis eingetieft, wodurch ein belebendes Spiel linearer Schatten, hellerer und dunklerer Flächen zustande kommt. Erdgeschoß kräftig gegliedert durch die 2 Eingänge an den Seiten und durch das große, dreigeteilte Fenster (des Frühstückszimmers) inmitten. Eingänge selbst nicht einfach gleichmäßig geformt, sondern musterhaft dem speziellen Zweck als Hoteleingang (rechts) und Hofeinfahrt (links) angepaßt. Erstes Obergeschoß belebt durch 2 Balkone über den Eingängen (je links und rechts die 2 äußersten Fenster zusammenfassend), deren Gitter bereits zeigen, daß der künstlerische Geschmack auch scheinbar geringfügige Sachen dem Ganzen harmonisch einzufügen versteht: es sind Schmiedewerke von reizvoller Erfindung und Ausgestaltung. Das Hauptgesims faßt den ganzen Bau ruhig zusammen; „beinahe möchte man jedoch wünschen, daß diese Kühe nicht unterbrochen wird durch den das Gesims überragenden Mittelgiebel mit dem Madonnenrelief [CK 08, 6]“. Hoteleingang zwischen 2 Wandabschrägungen, die durch die Fenster der Portierloge durchbrochen sind; 2 Lorbeerbäume — wie solche auch auf dem Balkon stehen — flankieren einladend die Flügeltüren; ihr dunkles Grün kontrastiert angenehm zum hellen Ton der geputzten Fassade.

Vestibül, aufs schönste erfüllend, wras außen uns versprochen wurde und wetteifernd an Intimität mit der Diele eines vornehmen Privathauses; Wandverkleidung mit dunkler Riister- vertäfelung. Links behagliche Kaminecke mit Korbmöbeln; Kamin verkleidet mit weißgeädertem, grünem belgischem Marmor; Kamintüre aus hellem Messing, deren durchbrochene Arbeit dem schlichten linearen Stil durchaus entspricht; auf dem Kamin vor dem Spiegel eine Nymphenburger Porzellanfigur, den wohnlichen Eindruck vollendend. Decke und Wände weiß; erstere mit ganz flacher Felderteilung und mit diskret färbiger Betonung der Hauptlinien. Frühstückszimmer. Wand Vertäfelung mit eigenartig dunkelgrün gebeizter Eiche. Decke da, wo die 4 Leuchter herabhängen, dezent in Stuck ornamentiert; sonst glatt. An den Wandfeldern kleines Ornament (Goldlinien auf blauem Grund); an der Kehle ein leichter bemalter Fries. Lüster in Form von korbartigen, in durchbrochener Arbeit ausgeführten Messingträgem, an deren Rand die Leuchtkörper mit Glasperlenbehang wie Blüten hängen; an den Leitungsdrähten Glaskugeln, die eine angenehme Unterbrechung der 4 dünnen Linien bilden. Sitzmöbel — hier wie in allen andern Räumen — von vorbildlicher Behaglichkeit bei sehr großer Leichtigkeit. Als Wandschmuck englische Farbenstiche.

Angrenzend das Schreibzimmer. Wandvertäfelung niedrig, entsprechend den kleinen Abmessungen; über ihr leichtes Ornament. Als Holzmaterial (zum Unterschied des dunklen im Frühstückszimmer) helles Rüsternholz; Stühle aus dunklem Eichenholz, überzogen mit schwarzem Rindsleder. Als Wandschmuck auf dem hellen Holz japanische Holzschnitte. Decke zur Vergrößerung der an sich geringen Tiefe des Raumes durch schmale Balken gegliedert. Lüster wieder aus Blattwerk mit hängenden Blüten und Perlen.

Weinzimmer (neben dem Frühstückszimmer) einfach und hell, Vertäfelung graugrün gestrichen. Nymphenburger Porzellanlüster, erwähnenswert als eine der ersten guten Lösungen des Verbergens der Drahtleitung, indem die Drähte durch die herabhängenden Arme zu den beweglichen Glocken geführt werden; ihre Bemalung in Hellgrün vom Architekten selbst ausgeführt; Glasperlenbehang unten dunkelrot, wodurch die kühle Farbe des Raumes ein warmes Licht erhält.

Restaurant gegenüber dem Eingang, im Seitenflügel, der die Verbindung mit dem Saalbau herstellt. Wandvertäfelung in heller Eiche. Sessel sehr nachahmenswert mit Korbgeflecht bezogen. Decke mit Felderteilung. Lüster aus reichem Blatt- und Bankenwerkbehäng mit herabhängenden Glühlampen, vom Architekten selbst eutworfen. Transportable Garderobeständer, zur Erhöhung der Intimität des Baumes Tisch von Tisch wandartig absondernd.

Billardzimmer über dem Bestaurant. Möbel und Wandleisten braun poliert; graugrüne Wandbespannung und graublauer Sophabezug. Hier — wie in den andern Bäumen — elektrische Präzisionswanduhr. Daneben Gesellschaftszimmer, „in seiner köstlichen, traulichen Wirkung ein Muster moderner Innenarchitektur“. Im Verhältnis zu seiner Breite und Tiefe niedrig gehalten, eine Grundbedingung des Behagens. Gleich über der sehr dunklen, aber besonders durch die polierte Büsternholzfüllung sehr lebhaft wirkenden Vertäfelung — das eigentliche Bahmenwerk besteht aus hellem, ruhig zusammenfassendem, amerikanischem Nußbaum — führt eine in ganz leichten Abstufungen gehaltene Hohlkehle zur völlig glatten weißen Decke. Das Licht kommt durch die mit Malereien geschmückten Schiebefenster des Erkers herein, so die eine Hälfte des Baumes füllend, die andere in Schattenwirkung lassend; die weißen bleigefaßten Scheiben sind aus undurchsichtigem Kathedralglas — es ist kein Ausblick gewollt. Gegenüber der unter den Fenstern hinziehenden Bank ist der große Kamin, das Prunkstück der Ausstattung. Er fügt sich der Architektur harmonisch ein — bemerkenswert ist die Vermittlung zur Decke — und bringt ins Dunkel der Wände helle frohe Farbentöne: freundliches Weiß mit dem Grün des Blattornamentes; am Hauptgesims hellblaue Wellenlinien; Heizkörper- und Ventilationsgitter in getriebenem Messing; dabei läßt die Licht- und Schattenwirkung deutlich erkennen, wie durch leichteres und stärkeres Treiben ein lebendiges, maßvolles Belief herauskommt — ein schönes Beispiel, wie Kunst und Handwerk zur Einheit werden können. Gl as- malereien nach Entwürfen des Arch. Klee; figürlich und farbig ansprechend. Pianino (Firma Berdux) aus deutschem Nußbaum mit dunkelbraunen Einlagen, nach Vorlagen des Arch. Berndl — ein Beweis, daß auch die äußere Ausstattung eines Instrumentes recht wohl mit der Architektur in Einklang stehen kann, ohne an seinem Einzelwert einzubüßen. An der Decke Beleuchtungskörper aus hängenden Glocken mit Glasperlenschnüren; an der Wand mehrere Glühlampen in Nymphenburger Porzellan-Cartouchen mit beweglichen Armen, worinnen die Leitungsdrähte sich bergen; übrigens bilden diese zugleich auch bei Tageslicht eine Belebung der Wand — freilich bedingt das spröde Material eine allzu gedrungene Form. Im Hofe Zugang zum Saal durch ein Doppelportal, das bei höchster Einfachheit in der Gestaltung doch kräftig genug heraustritt. 3 Pfeiler flankier^ > die rundbogig geschlossene Türöffnung und ein schmaler Balkon faßt die 2 Mittelfenster zusammen. Fassadengliederung durch schlichte Felderteilung, im Seitenflügel belebt durch den Erker des Gesellschaftszimmers, nach dem Saalbau zu einem schmalen Balkon weitergeführt.

Saalbau, aus einem vorhandenen alten Gebäude durch Umbau entstanden (der Hotelbau selbst ist vollständig neu), Saalvestibül, als Durchgangs- und Garderoberaum sehr einfach behandelt. Links Garderobe; jede der 3 Abteilungen durch eine der Garderobemarke entsprechende Farbe kenntlich gemacht, eine Wohltat in Hinsicht auf den verzweifelten Kampf, der sich nach jedem Konzert u. dergl. um Hut und Mantel abzuspielen pflegt. 2 Türen als Eingang zum Großen Saal (mit Bühne und 1400 Sitzplätzen). Auf einfachen Pfeilern die Galerie, deren Logen zwischen je 2 ihrer Pfeiler vorgerundete Brüstungen haben, während die rückwärtige Brüstung in leichtem Schwung ohne Unterbrechung durchgeführt ist. Decke flach gewölbt und durch querlaufende Streifen gegliedert. Pfeiler hergestellt durch Umkleidung der alten Säulen. Grundfarbe des Baumes weiß; außerdem ein wenig Grün mit einfachen Ornamenten und ein dunkles, tonniges Gelb, das hauptsächlich in den Durchblicken der Pfeileröffnungen und Logen links zur Wirkung kommt und einen gehaltenen, ruhigen Abschluß gibt. Heizung von den Seitenschiffen her; daher keine Belästigung, weil in den Seitenräumen im Interesse der Sicherheit keine Stühle aufgestellt werden dürfen. Ventilation in den Längsstreifen der Decke und in den 3 durch Ziergitter geschlossenen runden Gewölbeöffnungen. Beleuchtung zur Vermeidung eines den Ausblick störenden Kronleuchters hergestellt durch parallel neben den Ventilatoren aufgehängte Glühlampen — Zylinder mit Glastränen. Die Wand mit der Bühne zeigt nur die Umrahmung des Vorhanges und keinerlei ablenkenden Schmuck. Die Bühne selbst, ausgestattet mit allen neuzeitlichen Errungenschaften, „dürfte das erste Beispiel einer derartigen Privatbühne in Deutschland sein“ (versenkbarer Orchesterraum, doppelte Unterbühne, bis zur Illusion wirkender Beleuchtungsapparat). Die runden Tische können bei Kommersen u. s. w. durch transportable überfassende Bretter in lange Tafeln verwandelt werden. An der rückwärtigen Empore eine Vorrichtung zur Aufstellung eines Projektionsapparates — alles in allem; es fehlt keine Einrichtung, die man bei einem modernen Theater-, Konzert- und Vortragssaal verlangen kann. Durch 3 zusammenklappbare Türen der Galerie-Bückwand des Großen Saales gelangt man in den Kleinen Saal, der somit bei größeren Versammlungen mit der Galerie des Hauptsaales verbunden werden kann; gleichwohl ist er durch die Vertäfelung der Türen ganz als isolierter Baum gehalten und zur Abhaltung von Hochzeiten, kleinern Gesellschaften u. s. w. vorgesehen. Die Höhe war vom alten Bau her gegeben; durch Höherlegung des Oberlichtes (der Hofseite zu ist dem Saal die Bibliothek vorgelagert) mit 3 leichtgeschwungenen Kehlen wurde dem Eindruck des Langgestreckten und Gedrückten entgegengearbeitet. Beleuchtung durch hängende Glöckchen mit farbigen Steinen. Wandfarbe weiß mit ein wenig grün. Vorrichtung für einen Projektionsapparat. Nische für Zurückstellung des Konzertflügels bei Versammlungen. Leisten zum Bilderaufhängen bei kleineren Gemäldeausstellungen. Von der geräumigen Terrasse aus reizvolle Aussicht auf den Garten; das schöne Grundstück — eine Seltenheit im Herzen der Stadt — ist eine unveräußerliche Schenkung und darf nicht bebaut werden. Neben dem Vorraum zum Kleinen Saal die Bibliothek, ein Kaum von ruhiger Vornehmheit. Auch hier war mit Vorhandenem zu rechnen. Ein Kamin und ein Pfeiler wurden durch eine Tonne verbunden, unter der Schränke mit Glastüren und grünen Vorhängen eingebaut sind. Kirschbaum als Holzmaterial; Möbelbezüge und Wandbespannung graugrün, Vorhänge dunkelblaugrün; Decke, von einer Hohlkehle getragen, nur von einigen Linien umrahmt. Kamingitter aus hellem Messing. An der Wand Dürer-Holzschnitte. Ueber dem Lesetisch 4 Lampen aus geschliffenem Messing. Nur am Gewölbe reicheres Ornament; Wandfelder durch Illumenkörbe farbig belebt. Nebenan das Konferenzzimmer, aus einer ehemaligen Requisitenkammer durch ein Klostergewölbe in ein Remler- ähnliches Gemach verwandelt. Die nur längs geteilte Täfelung und das Gewölbe meistern vollkommen die ungenügenden Abmessungen. Lüster mit dem (archaisierenden) St. Georg, eine Flacharbeit in Rund. Die Hotelzimmer tragen allen Anforderungen des modernen Geschmackes Rechnung, namentlich auch jenen der Hygienie und zeigen in ihrer Ausstattung 4 in Material und Form wechselnde Typen [Dr. Karl Großmann in KH 07/08].


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