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An seiner Ostseite liegt das neugebaute Militär-Lazareth. Dasselbe wurde zum dringenden Bedürfniss, als mit der allgemeinen Wehrpflicht die Zahl der pr senten Mannschaft sich vermehrt hatte und das bis dahin ausreichend grosse Militär-Lazareth No. 33 an der Müllerstrasse — erbaut 1773 bis 1776 — nur mehr dadurch genügte, dass alle transportablen Kranken nach dem nahen Fürstenfeldbruck evacuirt wurden. Auch hatte dasselbe mit der Erweiterung der Stadt seine frühere isolirte Lage verloren, wodurch es sich zum Hospital immer ungeeigneter erweisen musste, weshalb auch die Vorlegung beschlossen, und das alte Gebäude nach fast hundertjähriger Benützung anderen Zwecken, zum Theil dem Landwehr - Bezirks-Commando, überwiesen wurde. Das neue Militär-Lazareth ist diesem Uebelstande nicht ausgesetzt, weil es auf 2 Seiten von Militär-Eigenthum umgeben ist und das Privateigenthum auf den beiden andern Seiten bei der bedeutenden Entfernung vom Centrum der Stadt und den Bahnh fen nicht so bald überbaut werden wird. Bei den in München vorherrschenden Südwest- und West-Winden und der unerschöpflichen Menge eines noch reinen von Westen gegen die Isar ziehenden Grundwassers ist seine Lage eine seinem Zwecke sehr entsprechende. Der Entwurf wurde von dem Baurathe der Stadt München, Herrn Zenetti, gefertigt. Nach der Genehmigung desselben wurde am 21. Juni 1868 der Bau begonnen und der eine Flügel (d des beifolgenden Grundrisses Fig. 49), das Oeconomie-Gebäude (b) und das Verwaltungs
Gebäude (a), das Leichenhaus (f), Reserve-Gebäude (g) und zwei Sommer-Pavillons (e) hergestellt. Der Flügel diente sodann zur Aufnahme erkrankter Kriegsgefangenen. Der andere Flügel (c), mit den 2 anderen Sommer-Pavillons (e) wurde im Jahre 1872 begonnen und im August 1874 vollendet. Jeder Flügel nimmt in 3 Stockwerken (Erdgeschoss. I. u. II. Etage) circa 200 Kranke auf. In jedem Stockwerke sind: 4 grosse Krankens le, 8 Sepearat -Krankenzimmer. 4 Aborte, 2 Bade-Cabinete, 2 Theeküchen, 2 Warterzimmer und 2 Lokale zum Wäschewechsel.
Das Reserve-Gebäude (Blatternhaus) (g) enthält 1 grosses und mehrere kleine Krankenzimmer mit Warterzimmer dazwischen, dann Badelokal. Jeder der 4 Sommer-Pavillons fasst 30 Kranke. Dieselben sind aus Holz, mit Glaswänden an den Langseiten (Südost und Nordwest), die aussen noch Vorhänge erhalten, mit Schindeln eingedeckt und haben Dachreiter. Um sie zur Aufnahme der Cholera-Kranken im Winter 1873/74 benützen zu können, wurde der Fussboden verdoppelt, ein Bretterplafond angebracht, der Raum durch Scheidewände getheilt. der Luftzug durch Verkleidung der bezüglichen Oeffnungen mit Brettern vermindert und hierauf die nöthige Anzahl von Oefen aufgestellt. Diese Einrichtungen machten es möglich, auch bei ziemlicher Kälte die Pavillons als Krankensäle zu benützen und zu verhüten, dass ein Cholera-Kranker in das Hauptgebäude gebracht werden musste.
Das Oeconomie-Gebäude enthält die Kapelle — ein Betsaal für die Protestanten ist in dem zuletzt erbauten Flügel — die Koch und Wasch-Küche, Apotheke und Laboratorium, Dampf- und Douche-Bäder, Wohnungen für den Messner, die Köchin und den Maschinisten; in Keller und Dachraum sind Magazine. Ein Anbau bildet den Maschinenraum. — Das Verwaltungsgebäude enthält die Bureaux, ärztlichen Jourzimmer, die Wohnungen der Lazareth-Inspektoren, der Aerzte, des Pfarrers, der dienstfreien Krankenwärter und des Hausdieners. Keller und Dachräume enthalten Magazine. Das Leichenhaus enthält den Hörsaal für den Operations-Curs, Leichen- und Secir-Saal, Docenten-Zimmer und Präparaten-Cabinet.
Die Ausmaasse der Gebäude sind: Jeder Flügel hat 138,34 M. L nge, 11,07 M. Breite und 4.3 M. Höhe der Geschosse im Lichten. Das Verwaltungsgebäude ist 51,22 M. lang und 14,:ts M. breit. Das Oekonomiegebäude hat mit Einrechnung des 35,02 M. langen und 27,n M. breiten Hofes eine Länge von 53.41 M., eine Breite von 44,39 M. Diese Gebäude sind durch gedeckte Gänge mit einander verbunden, welche in obigen Maassen nicht in Betracht gezogen sind. Das Reserve-Gebäude ist 23.78 M. lang und 11,53 M. breit. Die Sommer-Pavillons haben 34,40 M. Länge, 6,"2 M. Breite und 5,13 M. Höhe bis zum Kehlbalken. Das Leichenhaus ist 22,i& M. lang und 14,39 M. breit.
Von sonstigen Anordnungen ist erwähnenswert: Die Krankenzimmer liegen gegen Südost, die Gänge gegen Nordwest; zu ebener Erde und in der I. Etage sind letztere gewölbt; die Treppen sind in dem einen Flügel alle, im andern nur eine von Eisen, die hölzernen aber unterwölbt; die 1,5 M. breiten Thüren haben ungleiche Flügel, wovon der 0,5 breite in der Regel nicht benützt wird; die Krankensäle haben Hannoveraner-Oefen, die mit Steinkohlen geheizt werden; die Abtritte haben Wasser Verschluss (der Wasserzufluss findet nur während der Bewegung der Deckel statt); eine Wasserleitung für kaltes und warmes Wasser mit Reservoirs auf den Speichern wird durch eine Dampfmaschine von 10 Pferdekraft mit Kesseln nach System Alban (24 M. Heizfläche) und 2 Vorwärmern bedient, welche eine Pumpe bewegt, die stündlich 12,900 Liter Wasser liefert.
Die Röhren verzweigen sich mit Ausnahme des Verwaltungsgebäudes in alle übrigen Gebäude. — Eine Abwasserleitung führt alles Abwasser mit Ausnahme des für Spülung der Abtritte benützten in einen städtischen Canal. — In dem Oeconomie Gebäude besteht eine Dampf- Waschanstalt mit Exhaustor-Spülc und Mange, dann durch Dampf erhitzter Trockenkammer. Die Maschinenbau-Gesellschaft Humboldt in Kalk bei Deutz am Rhein lieferte Dampfmaschine, Vorwärmer, Pumpe und Reservoir; die Dampf-Wascherei-Einrichtung ist von Oskar Schimmel & Comp. in Chemnitz.
Nachdem die Erbauung dieses Lazarethos in die Zeiträume vor und nach dem Kriege von 1870/71 fällt, dürfte die Vergleichung einiger Preise und Taglöhne von Interesse sein und sind desshalb die nachstehenden in der Note *) angefügt.