Alte Quellen

Das k. Hof- und Staatsbibliothek-Gebände

Quelle Nagler - Acht Tage in München (72)
Jahr 1863
Straße Ludwigstraße

Das k. Hof- und Staatsbibliothek-Gebände wurde nach dem Plane des Oberbaurathes Fr. v. Gärtner im altflorentinischen Style errichtet, und den 8. Juli 1832 legte König Ludwig den ersten Stein. Die Vollendung erfolgte 1843.  Die Front hat eine Länge von 520 Fuß, und zum Eingänge gelangt man über eine Freitreppe, deren Balustrade mit den Statuen des Homer, Hippokrates, Aristoteles und Thucidides (von Sanguinetti und Mayer) geziert ist. Die unteren Räume nimmt das königl. Reichsarchiv ein, und zur Bibliothek gelangt man über die Treppe des prachtvollen Stiegenhauses, welches fast den ganzen Mittelbau einnimmt. An dem von je acht Marmorsäulen getragenen Gewölbe der Halle sind Gemälde von Nilson, unter denen liuks oben das Bildniß des damaligen Direktors Hofrath von Lichtenthaler, rechts jenes des Architekten Fr. v. Gärtner angebracht ist. Die beiden Säulengänge im oberen Geschosse verbinden den Bau, und führen mit der Treppe zum Eingänge in die Räumlichkeiten der Bibliothek. Links von der Thüre bemerkt man die Statue des Gründers der Bibliothek, des Herzogs Albert V., und gegenüber jene des Königs Ludwig, des Bauherrn, beide von Schwanthaler in Marmor ausgeführt. Den Grund zu dieser jetzt in 77 Sälen aufgestellten Bibliothek legte Herzog Albert V. von 1550-1579, und gegenwärtig zählt man fast 1,000,000 Bände. Die Sammlung von Handschriften in deutscher, griechischer, lateinischer, hebräischer, persischer, arabischer Sprache u.s.w. gehört zu den reichsten und wichtigsten Europa's, und darunter sind viele mit künstlerischer Ausstattung von hohem Alterthume. Die Literatur ist in allen Fächern auf das reichste vertreten, jetzt auch an orientalischen Werken, da auf Veranlassung des Direktors Dr. Halm die berühmte Quatemvre'sche Bibliothek angekauft wurde. Nirgends findet man einen solchen Vorrath von Holztafeldrucken und Incunabeln. Auch an alten musikalischen Werken ist die Bibliothek reich. Sehr interessant ist die Sammlung von Autographen, auf deren Vermehrung der gegenwärtige Direktor und Universitäts-Professor Or. Halm ein besonderes Augenmerk richtet. Durch den in vielen Foliobänden vorhandenen handschriftlichen Catalog der Bibliothek ist es möglich geworden, die Schätze derselben ohne laugen Verzug genießen zu können. In neuester Zeit wurde der Handschrifteukatalog dem Drucke übergeben.

Zur weiteren Orientirung liegt eine von dem verstorbenen Bibliothekar A. Schmeller verfaßte kurze Beschreibung der Bibliothek und ihrer vornehmsten Schätze vor. Dem Besucher werden auf Verlangen dieselben mit größter Loyalität vorgezeigt. Einer besonderen Erlaubniß bedarf es zum Eintritt in das k. Reichsarchiv. (Die Ansicht des Gebäudes in Stahlstich ist bei G. Franz um 12 kr. zu haben, 8.)

 


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