Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Quelle | Nagler - Acht Tage in München (117) |
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Jahr | 1863 |
Das Oktoberfest, das großartigste aller Feste in München und für ganz Bayern, wurde 1810 gegründet. Den 12. October dieses Jahres vollzog Kronprinz Ludwig seine, Vermählung mit der Prinzessin Therese von Hildburghausen, und diese freudig begrüßte Begebenheit sollte besonders gefeiert werden. Man beschloß, sie durch ein seit längerer Zeit nicht mehr gesehenes nationales Pferderennen zu verherrlichen, und die Einleitung traf der Major der Bürger-Cavallerie A. v. Dallarmi. Den 17. October war der erste Tag, an welchem Tausende von nahe und ferne herbeiströmten, um das Fest und den Kronprinzen mit seiner jungen Gemahlin Therese zu sehen. Auf der nach dieser benannten Wiese wurde für den König und die allerhöchsten Herrschaften ein Pavillon erbaut, und nach seiner Ankunft setzten sich die Züge in Bewegung; zuerst das zur Ehrenwache bestimmte Bürger-Militär mit fiiegenden Fahnen und Musikcorps, die Preisfahnenträger, und zuletzt die Rennpferde mit ihren Führern von der Landwehr-Cavallerie angeführt. Inzwischen spielten Musikchöre und wurden vaterländische Lieder gesungen. Neun in die Nationalfarben gekleidete Kinder brachten als die Kreise des Landes vor dem Königszelte ihre Huldigung dar. Endlich erfolgte das Zeichen zum Absprengen der Pferde, und in 18 Minuten war der Kreis von 11,368 Fuß dreimal umritten. Die Bürger-Cavallerie spielte damals die Hauptrolle. Es wurden sogar von Auswärts Reiteroffiziere mit Mannschaft abgesandt. Den Schluß des Festes machte die feierliche Preisevertheilung. Im Jahre 1811 fand wieder ein Pferderennen statt, diesmal betheiligte sich aber der landwirthschaftliche Verein, welcher auf den 14. October zur Ausstellung von Zuchtvieh verschiedener Art einlud. Die Besitzer des schönsten Viehes und die Sieger auf der Rennbahn erhielten ansehnliche Preise. So wurde es auch im folgenden Jahre gehalten, 1813 und 1814 unterblieb aber das Fest. Im Jahre 1818 war wieder großer Jubel, und im folgenden Jahre, jenem der großen Theuerung, wurde das Fest erweitert, um dem Volke bei den trüben Zeiten eine Aufheiterung zu geben. Aus dem Jahre 1816 datirt der Glückshafen und das Vogelschießen. Der 4. October 1818 wurde zu einem Central- feste des landwirthschaftlichen Vereins bestimmt, wie immer mit Pferderennen und feierlicher Preisevertheilung. Damals wurde statt des Vogelschießens das erste Scheibenschießen veranstaltet, wobei ein gesatteltes Pferd den ersten Preis bildete. Der landwirthschaftliche Verein veranstaltete auch 1819 ein Central-Landwirthschaftsfest, jetzt aber traf der Magistrat alle Anstalten, und es war zum Erstenmal ein Nachrennen mit Preisevertheilung. Im Jahre 1826 wurde das Decennium gefeiert, und sofort wie- derholte sich das Fest mit immer größerer Ausdehnung auf Kosten des Magistrates. Von 1827—1830 fanden auch Feuerwerke statt. Im Jahre 1836 galt das Oktoberfest zugleich auch zur Feier der 28jährigen Vermahlung des Königs Ludwig. Damals wurde ein Festzug veranstaltet, wie München nie einen solchen gesehen hatte. In anderer Weise wiederholte sich ein prachtvoller Festzug 1880 bei der Enthüllung der Bavaria, doch nicht bei Gelegenheit des Octoberfestes, sondern acht Tage später.
So ist also unser Oktoberfest auf der Theresienwiese als Nationalfest von kulturgeschichtlicher Bedeutung. Es zieht alljährlich viele Tausende aus allen Gauen des Landes heran, indem das Schönste zu schauen ist, was die Landwirthschaft hervorbringt und die Mechanik für dieselbe leistet. Nie fand ein Fest ohne Pferderennen statt, und seit vielen Jahren knallt die Büchse des Scheibenschützen. Der landwirthschaftliche Verein erwarb sich für dieses Fest den Dank des Landes.