Alte Quellen

Die k. Residenz

Quelle Nagler - Acht Tage in München (159)
Jahr 1863

Die k. Residenz zerfällt in drei Theile: die alte Residenz, den Königsbau und den Saalbau. 

Die alte, von Maximilian!, erbaute Residenz steht auf dem Areal der von Herzog Albert IV. erbauten neuen Veste, über welche wir in der Geschichte von München S. 48 gehandelt haben. Der ältere Theil ist jener, zu welchem das erste Portal vom Königsbau herführt. Dieser Bau, an welchen sich in schiefer Linie das Antiquarium im Brunnenhofe schließt, war mit der Hofkapelle 1601 vollendet. In das Antiquarium, einen großen tiefgelegenen Saal, über welchen wir unter „Anti- quarium" bereits gehandelt haben, gelangt man vom Grottenhofe aus. Letzterer enthält ein niedliches Gärtchen, und eine mit Malereien verzierte Halle. Das in der Mitte derselben eingebaute, ehedem mit Wasser reich versehene Grottenwerk verdeckt die eine Wand des Antiquariums, welches mit dem alten Residenztheile nicht in unmittelbarer Verbindung steht, sondern der 1597 noch vorhandenen, aber durch Brand beschädigten neuen Veste gegenüber als Kunst- und Antiquitäten-Saal erbaut, und 1600 vollendet wurde. Die in letzter Zeit von dem Conservator Eigner in Augsburg xestaurirten Gemälde 'der Halle sind von Friedrich Sustris und einem Padoanino ausgeführt. Die Darstellungen sind großentheils den Verwandlungen Ovid's entnommen, und in Fresco gemalt. Die Brunnenstatue des Theseus mit dem erhobenen Medusenhaupte ist nach der Zeichnung des Christoph Schwarz von Hubert Gerhard modellirt uud in Erz gegossen. Die auf der Südseite angebrachte Thüre im Grottenhofe führt zur k. Schatzkammer, welche mehrere Millionen an Werth enthält. Sie kann auf Anfrage gezeigt werden, und es wird darin der Kenner ebenso befriediget, als die staunende Neugierde.

Die alte Hofkapelle enthält keine Kunstmerkwürdigkeit. Das Altargemälde wurde 1600 von Hans Werle oder Wöhrl gemalt. Man schreibt es dem Christoph Schwarz zu, es ist aber aktenmäßig, daß Werle 300 st. dafür erhalten hat. Seit dem Baue der Aller- heiligenkapelle ist diese Kirche gewöhnlich geschlossen. Nur die hohen Ritterfeste werden darin gefeiert. Bei dieser Gelegenheit sind die Wände mit Hautelisse - Tapeten und mit Wappenschilden geziert. Besonders merkwürdig ist qber die im ersten Stocke befindliche, und 1607 von Maximilian I. eingerichtete reiche Kapelle. Man sieht hier überall Gold, Silber, Perlen, Edelsteine und Kunstwerke aller Art, unter welchen aber die kirchlichen vorherrschend sind. Auf Anfrage, und zu bestimmten Stunden wird der Besuch der Kapelle gestattet.

Dem alten Flügel gegenüber, und durch den Kapellenhof getrennt ist der Neubau des Churfürsten Maximilian I. Den Plan fertigte der churfürstliche Hofbaumeister Heinrich Schön, nicht der Maler Peter Candito, wie man angibt. Wir haben dieses in der Geschichte von München S. 73 nachgewiesen, wo überhaupt die Geschichte des ganzen Residenzbaues nachgelesen werden kann. Der Grundstein wurde 1612 gelegt, und 1619 war das Gebäude vollendet. Der ältere Bau ist durch eine gemeinschaftliche 130' lange Facade mit dem Neubau verbunden, und die ganze Anlage verkündet einen Meister , welcher im Renaissance-Styl noch wohl erfahren war. Zwei Portale führen in Höfe: den Kaiserhof, den Kapellenhof,- den Brunnenhof und den Küchenhof. Ueber den Portalen sind allegorische Figuren von Bronze, die Tapferkeit und Mäßigkeit, die Weisheit und Gerechttgkeit vorstellend, nach der Zeichnung des Peter Candito von Hans Krümper ausgeführt und in Erz gegossen. In Mitte der Faxade ist die Statue der hl. Jungfrau als Patrona Bavariae mit dem Kinde, ebenfalls von H. Krümper gegossen. Unter der Statue ist eine große Laterne von Bronze angebracht, in welcher Maximilian!. u. die späteren Churfürsten Samstags bei einttetender Dunkelheit ein Licht anzünden ließen. Vor der Residenz war eine Balustrade angebracht, welche bis 1731 bestand. Die auf Basen ruhenden Löwen mit Wappenschilden waren die Wächter derselben. Sie wurden von Carlo Pellago oder Pallagio nach den Modellen des Hubert Gerhard gegossen, und waren ursprünglich für den Jesuttenbau bestimmt. Deßwegen sind auf den Schilden symbolische Vorstellungen, und nicht das bayerische Wap- pen angebracht.

Den westlichen Flügel bewohnte Maximilian I., und es sind noch viele Erinnerungen an ihn vorhanden. Die alten Stuccaturen sind nach Modellen von Hans Krümper von Blasius Fistolator ausgeführt, und die Hautelisse-Tapeten stammen theils aus der von Maximilian I. im Jahre 1603 gegründeten und bis 1616 bestandenen Hautelisse-Manufaktur. Auch ältere Tapeten aus Arras und Brüssel sind vorhanden. Zu den letztern gehören Darstellungen aus dem alten und neuen Testamente nach den Cartons des Malers Jan Cornelis Vermeyen. Die Teppiche aus der Münchner Manufaktur haben das Monogramm des Churfürsten Maximilian I. und seiner Gemahlin, und dann jenes des Obermeisters Hans van Biest. Prachtvoll sind die zwölf Teppiche mit der Geschichte Otto's des Großen in Seide mit Gold durchwirkt. Sie befinden sich aber nicht an den Wänden, sondern werden eigens bewahrt. In Seide sind diese Vorstellungen im bayerischen National-Museum zu sehen. Die Zahl der noch vor- handenen Wandtapeten ist bedeutend, man muß aber die Zeit unterscheiden, in welcher sie entstanden sind. Ein Theil kommt aus der von Max Emanuel 1718 wieder in's Leben gerufenen Manufaktur. In den ersten Jahren herrschte eine große Thätigkeit,. da der Churfürst auch für das Schloß in Schleißheim Teppiche ausführen ließ. Im Jahre 1767 war nur mehr ein einziger alter Arbeiter vorhanden, der Churfürst Maximilian Joseph III. gewährte aber dem Institute wieder die größte Unterstützung, und es wurde in Zeit von 13 Jahren mehr gearbeitet, als früher in 43. Auch Carl Theodor ließ mehrere Tapeten ausführen, und die letzten stammen aus der Zeit des Königs Maximilian I. als Churfürsten. Diese Zeitverhältnisse sind bei der Betrachtung der Münchner Hautelisse- Arbeiten zu berücksichtigen. Die Plafond- gemälde der Maximilianischen Gemächer sind größtentheils von Peter Candito, und einige von Hans Werle ausgeführt. Die Stuccaturen fertigte Blasius Fistolator mit seinen Söhnen nach den Zeichnungen und Modellen des Hans Krümper. Dieß gilt aber nur von den alten Maximilianischen Gemächern, die Decoration in jenen der übrigen Flügel erlitt in verschiedenen Perioden eine Abänderung.

Im Kaiserhofe links führte eine prächtige Treppe in den Kaisersaal, welchen aber König Maximilian I. in zwei Stockwerke abtheilen ließ. Das untere Geschoß nahm er selbst, das obere die Königin Caroline ein. Beide haben noch das Meublement dieser hohen Herrschaften.

Von hier aus gelangt man in die Kaiserzimmer. Die Gemächer des Kaisers Karl VII. (s 1745) sind äusserst prächtig im Geschmacke der Zeit desselben ausgestattet. Das erste enthält den kaiserlichen Thron, das zweite war zur Audienz für die Gesandten, das dritte zu Conferenzen bestimmt. Von hier aus tritt man links in die an Gemälden reiche grüne Galerie, und das vierte Zimmer ist das Schlafzimmer, in welchem Napoleon I. wohnte. Das Paradebett unter dem Thronhimmel, welches demselben für zu kostbar erschien, soll mit dem Himmel in den Stickereien 800,000 st. Gold enthalten haben. Das fünfte Gemach nennt man das Spiegelzimmer, und hierauf folgt ein Cabinet mit schönen Gemälden und Miniaturen. Der Kronleuchter von Elfenbein ist eine eigenhändige Arbeit des Churfürsten Maximilian I.

Die sogenannten schönen Zimmer ließ der König Maximilian I. einrichten. Sie bestehen aus einem Audienz- und Thronzimmer, aus dem Speisesaal und Schlafzimmer.

Die Fürstenzimmer, gegen den Brunnenhof, bewohnte der Churfürst Carl Theodor (P1799), sie haben aber nicht mehr die frühere Decoration. Diese Zimmer nahm König Ludwig I. bis zur Vollendung des Königsbaues ein.

Hieran stößt der Herkules-Saal, welcher zu den kölnischen Zimmern führt. Sie haben von dem Churfürsten Clemens August von Cöln ihren Namen, uud sind mit Wand- und Deckengemälden geschmückt.

Nächst dem jetzt zu Hofconzerten und Bällen bestimmten Herkules-Saal hat die Residenz noch einen Hartschier-Saal, in welchem einst Tapeten von vergoldetem Leder waren. Aus diesem kommt man in die jetztigen Conferenz-Zimmer, und von da aus in die päpstlichen Zimmer, welche im Jahre 1782 Pius VI. bewohnte. Die ehemalige Pracht ist im Verbleichen.

Äusser diesen Gemächern befindet sich hier noch der kleine schwarze Saal, und die steinernen oder griechischen Zimmer, wo König Otto von Griechenland wohnte.

Wir müssen uns auch noch durch den Kapellenhof in den Brunnenhof begeben. Unter dem beide verbindenden Bogen ist links oben an der Wand eine Tafel, welche besagt, daß Herzog Christoph (1490) den unten liegenden Stein mit dem Fuße aufheben und wegschleudern konnte, und daß er im Sprunge den obersten der drei eingeschlagenen Nägel mit der Fußspitze erreichte. Das Factum ist wohl richtig, der Sprung geschah aber nicht an der bezeichneten Stelle, indem die Residenz des Herzogs Albert IV. beim Baue der jetzigen demolirt wurde. Sehenswerth ist auch der Brunnen mit Figuren in Erz im Brunnenhofe. Die Statue auf der Säule ist jene des Herzogs Otto von Wittelsbach, und die Erzbilder auf der Brüstung stellen die vier Elemente mit anderen phantastischen Bildungen vor. Man nimmt gewöhnlich an, daß die Bildwerke nach P. Candito's Zeichnungen von Hans Krumper modellirt und gegossen worden seien, die Hauptstatue kommt aber von dem alten Brunnen der Albertinischen Veste, und die übrigen Bildwerke auf der 1689 neu hergestellten Brunneneinfassung sind von gleichem Alter. Sie sind bis auf die stehenden weiblichen Figuren (von Hans Krumper) der Fontaine im alten Hofgarten (jetzt Marstallplatz) der neuen Veste entnommen. Diese Fontaine ließ Herzog Albert V. (+1379) herstellen, so wie den Neufestbrunnen mit der Statue Otto des Großen.


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