Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Am 5. März 2024 stellt Willi Eisele (*1946) Ergebnisse seiner Recherchen über die Person und das Wirken des „frei resignierten“ Benediktinermönchs und Abts von Emaus (1908-1918) und seinen Exilorten vor, die in den Beuroner Schriften und Studien im LiT-Verlag (Münster) erschienen sind. Alban [Jakob] Schachleiter trat nach einem Studium der Musik- und Kunstgeschichte (Leipzig) in die Kongregation der Benediktiner in Beuron (Ob. Donautal) ein, studierte Theologie in der Abtei Seckau (Steiermark), wo er 1886 zum Priester geweiht wurde und ihn 1891 der Ruf nach Böhmen erreichte, wo er 1908 zum 2. Beuroner Abt gewählt wurde und loyal zur Habsburger Monarchie und der katholischen Kirche in Böhmen stand.
Mit dem Sturz der Habsburger Dynastie und der Begründung der Tschechoslowakei (1918/19) wurde Schachleiter für seine Kirche und seinen Orden zum „Fall“ und sah sich als Opfer der „neuen Zeit“, als er Prag und „seine Abtei“ verlassen musste. Als Abt ohne Konvent wurde ihm vom Papst der Ehrentitel „Abt von Spanheim“ im Rheingau verliehen und ihm am Exilort München die Pflege der Gregorianik mit der Gründung einer „Schola Gregoriana“ an der Allerheiligen-Hofkirche von Kardinal Faulhaber formal übertragen. Verstimmungen mit dem Ortsbischof traten auf, als bekannt wurde, dass Schachleiter in der Münchner Gesellschaft als Redner Fuß fasste und von Akademikern mit Adolf Hitler bekannt gemacht wurde, mit dessen nationalen Forderungen sich der Ex-Abt identifizierte. Ermahnungen und Disziplinarmaßnahmen, Warnungen vor „falschen Freunden“ seitens des Münchner Ordinariats und den Benediktinern erzeugten wenig Einsicht bei Schachleiter, wirkten eher als Verstärker für sein eigenwilliges Verhalten, das 1929 zum Abzug seines tschechischen Begleiters und zum Ortsverweis in die Provinz (Bad Aibling, Feilnbach) und weiteren Auflagen führte. Seit der Machtergreifung konnte die NS-Propaganda Schachleiter zum „Kronzeugen“ hochstilisieren. Als Ehrengast bei den Reichsparteitagen der NSDAP (1934/35) kam ihm neben dem protestantischen „Reichsbischof“ der NS-nahen Deutschen Christen lediglich eine Statistenrolle zu, eine offene Konfrontation mit Alfred Rosenbergs ideologischen Positionen, die sog. „Devisenprozesse“ und Gestapo-Aktionen gegen Benediktinerabteien signalisierten eine ablehnende Tendenz in der Haltung des Ex-Abts (1936), konnten an dessen grundsätzlicher Nähe zum „Führer“ nur wenig bewirken, der ihn am Krankenbett am Exilort Feilnbach im „Haus Gott Dank“ zweimal besuchte und für den Fall seines Ablebens die Beschlagnahme seines Leichnams befahl und ein Staatsbegräbnis im Münchner Waldfriedhof anordete. Der Erlass für diesen Staatsakt erging kurz vor der päpstlichen Enzyklika „Mit brennender Sorge“ (1937). Seine Ausführung in strenger Trennung des offiziellen Propagandaakts von den kirchlichen Riten am 22.06.1937 belegte neben anderen Fakten eindrucksvoll, wie wenig nach seinen eigenen Worten Abt Alban Schachleiter im Kirchenkampf der Nazis für die katholische Sache erreicht hatte. Dem Staatsbegräbnis folgte ein beidseitiges „Versenken ins Ver gessen“ als „damnatio memoriae“ in der Geschichte nach der Geschichte.
Als Akteur in seiner Zeit sollen im Vortrag Facetten seines Lebens aufgezeigt werden, Handlungsspielräume zwischen Ordensregel und seinen Loyalitäten beschrieben und dieser Benediktiner in seinem Umfeld als „Grenzgänger“ vorgestellt werden, um Erinnerungsräume zwischen Kirchen-, Ordens- und politischer Geschichte zu erweitern – ein Lehrstück, was die Verführbarkeit von Intellektuellen angeht, sobald ihnen die Politik eine Bühne bietet.
Vortrag mit Bildillustrationen, anschließend Möglichkeit für Rückfragen (an den Referenten, Herausgeber)
Veranstalter | St. Bonifaz Abtei |
Datum | 05.03.2024 |
Uhrzeit | 18:30 - 20:00 |
Referent/in | Eisele Willi |
Treffpunkt | Pfarrsaal von St. Bonifaz |
Preis | gebührenfrei |
Veranstaltungsart | Buchvorstellung |