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Die Baukunst Alt-Münchens

II. Abschnitt: Baugeschichtliche und bautechnische Erläuterungen zu den Stadtbildern.

28. Das Isartor (Außenseite).

Abb. 28—30: Das Isartor und der Luginsland.

Das Isartor war eines der vier Haupttore der zweiten Umwehrung Alt-Münchens;alle diese Tore, sowie das Angertor, das aber als nebentor bezeichnet wurde, war nach dem gleichen System erbaut: Die Brücke über den Graben war von zwei vorgeschobenen niedrigen Türmen flankiert; weiter zurück in der Achse der Brücke stand der höhere Hauptturm; die drei Türme waren durch eine im Viereck herumlaufende Mauer, die mit Wehrgängen versehen war, verbunden; es wurde also eine Art Hof gebildet, den der Feind erst zu passieren hatte, ehe er durch das Haupttor in die Stadt gelangte.

Diese Art der Anlage eines Verteidigungswerkes nennt man eine Barbacane56). Viollet-Le-Duc57), wohl der bedeutenste Kenner des mittelalterlichen Verteidigungswesens, gibt hierüber folgende Erklärung: „Man bezeichnete im Mittelalter mit diesem Wort (la barbacane, auch la barbequenne) ein vorgeschobenes Verteidigungswerk, welches einen Durchgang (oder Übergang), ein Tor oder eine Ausfallpforte zu beschützen hatte oder welches der Besatzung einer Festung erlaubte, sich in einem hervortretenden gedeckten Punkt zu sammlen, um einn Ausfall zu machen und um einen Rückzug oder die Hereinbringung einer Hilfstruppe zu decken.“ — Die Barbacane ist vergleichbar mit dem jetzt gebräuchlichen Wort: Brückenkopf, denn der Ausdruck war schon im Mittelalter auch auf ein Werk anwendbar, das über eine Brücke vorgeschoben, die eigentliche Verteidigungslinie auf der anderen Seite des Flußes zu decken hatte. — Die zweite Befestigung Münchens wurde um die Wende des 13. zum 14. Jahrhunderts erbaut; das Isartor, das zum Schutz der alten Salzstraße diente, wird wohl das zuerst erbaute Tor der zweiten Befestigung gewesen sein; es ist das einzige Tor, das uns, wenn auch ziemlich verändert, noch erhalten geblieben ist.

Rechts vom Isartor, an dem Punkte, an dem die Stadtmauer in einem rechten Winkel nach Nordwesten umbiegt, steht ein kräftiger viereckiger Turm mit hohem Satteldach und mit vier Erkern an den Ecken an den Ecken, der Luginsland (Lueger), ein Wachturm, von dem aus man das Land weithin übersehen konnte; dieser Turm war höher als die anderen Türme der zweiten Stadtmauer.

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