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a) Baustoffe und Bauformen
heute noch die Schindelbedeckung. 9) Auch gab es nach Lipowsky noch im Jahre 1473, also in der Zeit der beginnenden Renaissance, Schindeldecker in München.
Wenn diese Wandlungen in der Verwendung von Holz und Stein als Baustoffe auch nur allmählich vor sich gingen, so war ihr Einfluß auf die Außengestaltung der Häuser doch unausbleiblich und schließlich gaben si dem ganzen Stadtbild ein ganz neues Aussehen. — Schon Kaiser Ludwig, die am Rhein und in Italien schöne geräumige Städte gesehen hatte, wollte die weit vorspringenden Dächer vermieden wissen, dass sie der Stadt ein düsteres Aussehen gaben; wir können annehmen, dass damit auch die Altanen, wenigstens an den Straßenansichten der Häuser, verschwanden, ebenso wie die Treppen zu den Wohnungen am Äußeren der Häuser. war bei der Gründung der Stadt das offene Bausystem vorherrschend (wie wir vermuten können, da die Galerien oft um das ganze Haus herumliefen), so verschwand dieses mit dem Bau gemauerter Häuser und an seine Stelle trat das geschlossene Bausystem; Ende des 16. Jahrhunderts war dasselbe, wenigstens in der Altstadt, allgemein eingeführt, wie wir aus dem Sandnerischen Holzmodell aus dem Jahre 1570 (im Bayerischen Nationalmuseums) ersehen können.
Während im größten Teile Deutschlands der Holzbau sich das ganze Mittelalter hindurch erhielt und sich sogar in manchen Städten zu hoher Blüte entwickelte (wir erinnern nur an Hildesheim), wurde er in München frühzeitig vom Backsteinbau verdrängt; auch Fachwerkbauten scheinen in München ganz unbekannt gewesen zu sein, wenigstens deutet solche Sandner nicht an; 10) es haben sich meines Wissens keine Fachwerkbauten in München erhalten. Das strenge Verbot des Bauens mit Holz bezog sich auch auf die Ausbildung des Daches; hölzerne Dacherker, wie z.B. in Nürnberg, wurden in München nie beobachtet; die Dacherker waren immer gemauert, oder doch verputzt; charakteristisch sind für München die an den Gemeinmauern angebrachten, mit einem Pultdach versehenen Dachaufbauten, meistens als Aufzugerker benützt. Diese Erker haben sich bis heute noch in vielen Beispielen erhalten (siehe Abb. 4 und 16); sie kamen auch an ein und demselben Hause doppelt vor (s. Abb. 5 und 6).
Holzarchitektur konnte infolgedessen in München nicht zur Entwicklung kommen und ist vollständig unbekannt. Dagegen führten den Baumaterialien zu Formengebungen anderer Art, die für München beziehungsweise Altbayern charakteristisch sind; das ist vor allem eine ausgeprägte Backsteinarchitektur an Kirchenbauten (ganz wenig an den Festungsbauten), sowie eine der Renaissancezeit eigene Verputzmanier an Profanbauten. Ich halte diese beiden Bauausführungen ausdrücklich auseinander, denn bis jetzt ist es noch nicht gelungen, den unverputzten Backsteinbau an Wohnhäusern nachweisen zu können, ebenso wie die Flächenputzarchitektur an Kirchen des Mittelalters nicht bekannt geworden ist. Auch das gemauerte gotische Bürgerhaus war ein einfacher Putzbau ohne besondere Gliederungen und Verzierungen.
Ich habe mich über beide Ausführungsarten bereits in einer Abhandlung: „München im 16. Jahrhundert“ ausgesprochen und kann mich deshalb hier kurz fassen
Es ist noch nicht versucht worden, Beziehungen zwischen altbayerischen, norddeutschen (Danzig, Lübeck, Lüneburg usw.) und italienischen sichtbaren
9) Ich berichtige hiedurch meine Ausführungen über dieselbe Sache in meiner Abhandlung: „München im 16. Jahrhundert“, S. 58. Ich schrieb früher die Entstehung dieserHäuser Stilrücksichten zu; daß diese Häuser durch ihre hohen Mauern den Eindruck italienischer Bauart machen, ist aber reiner Zufall. Diese Häuser scheinen erst in der Zeit der Renaissance entstanden zu sein; Häuser dieser Art mit gothischen Schmuckformen sind meines Wissens nicht bekannt.
10) Im Modell Sandners sind architektonische Gliederungen an den Häusern öfters durch eingravierte Linien bezeichnet; bei einigen wenigen solcher Häuser könnte man annehmen, daß damit Fachwerk angedeutet werden sollte.