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Die Baukunst Alt-Münchens

I. Abschnitt: Das Bauwesens Alt-Münchens von der Städtegründung bis Ende des 16. Jahrhunderts

a) Baustoffe und Bauformen

4. Häusergruppe Ecke Sendlingerstraße und Färbergraben Ziegelbau aufzusuchen; Altbayern (siehe auch Landshut, Dingolfing, Ingolstadt, Füssen usw.) steht mit dieser Baukunst ganz vereinzelt zwischen dem Norden Deutschlands und dem Norden Italiens. In der Formung der einzelnen Architekturteile (wie Gesimse, Maßwerke usw.) bestanden aber zwischen Nord- und Süddeutschland zweifellos Beziehungen, wie schon der Vergleich der Abbildungen von Bauten aus den genannten Gebieten ergibt. -
In München kennen wir nur die Liebfrauenkirche, die Salvatorkirche und die Kreuzkirche; 11) die Stadtmauern mit den Toren und das Zeughaus am Anger waren auch in Ziegelrohbau ausgeführt, aber wie es scheint, aber wie es scheint , nur in glatten Ziegelmauerwerk ohne ausgesprochene Formgebung; das Sendlinger Tor weist noch einige Backsteingesimse auf.

Wir bewundern vor allem an den gemauerten Bauten die große Dauerhaftigkeit des Ziegelmaterials; die Spitzbogenfriese mit den Blätterendingen sind noch ziemlich unversehrt, ebenso die Gesimse und Maßwerke noch scharfkantig und gut erhalten. 12)

Wenn man erfährt, welche Sorgfalt seinerzeit  der Ziegelherstellung zugewandt wurde, wird man sich über die Güte der Erzeugnisse nicht mehr wundern.
Wir erfahren von Riezler, 13) dass die Stadtverwaltung die Mittel nicht scheute, einem besonders sachkundigen Ziegelmeister von Straubing kommen zu lassen, um das Erdreich von Haidhausen zu untersuchen; sie verschickte ferner auf ihre Kosten Baumeister und Gesellen nach Landshut und Augsburg, um „der Stadt zu Nutzen etwas zu lernen“.

Ist bestanden aber auch andererseits scharfe Vorschriften gegen Übertretungen bei Herstellung und Verwendung schlechter Baumaterialien; der Rat der Stadt in wendete der Herstellung von Ziegelsteinen, wie wir oben schon gesehen haben, die größte Aufmerksamkeit zu; 14) auch alle anderen Baustoffe hatte der Rat unter seine Aufsicht genommen. Jeder, der gegen die erlassenen Vorschriften handelte, wurde erbarmungslos aus der Stadt verbannt und durfte nicht mehr zurückkehren. Dergleichen Strafe verfiel, wird Ziegel herstellte, ohne die Meisterschaft in diesem Handwerk erlangt zu haben. Es durften auch keine Ziegel und Dachplatten verkauft werden, ehe der Brand nicht von den Bevollmächtigten des Rates abgenommen worden war.-

Ferner war es wieder (wie oben schon erwähnt) die Baustoffe, die zu einer architektonischen Ausdrucksweise führten, die typisch für Altbayern genannt werden darf; ich meine die Flächenputzarchitektur,


11) Nach Franz Jakob Schmitt, Architekt in München wurde auch die Augustinerkirche in München aus gebrannten rötlichen Backsteinen gemauert und erst später verputzt (s. seinen Aufsatz in der Süddeutschen Bauzeitung 1904 Nr. 53: die ehemalige Augustiner-Einsiedler-Klosterkirche der beiden hl. Johannes in München).

12) Allerdings sind in den letzten Jahrzehnten Spuren beginnender Verwitterung bemerkbar geworden, offenbar hervorgerufen durch die immer mehr sich steigernde Rauchentwicklung;  da in München sehr viele oberbayerische Kohle verbrannt wird und dort dieselbe ist sehr schwefelhaltige ist, bildet sich schweflige Säure, die durch Regen und Wind durch Nebel und Schnee an den Mauern herangetragen wird und so doch allmählich auch diese guten Erzeugnisse, die sich Jahrhunderte hindurch erhalten hatten, vernichten. Es wäre dringend zu wünschen, daß das Fortschreiten der Zerstörung nicht außer acht gelassen wird und dass man sich an den maßgebenden Stellen rasch dazu entschließt, Schritte zu tun, um dieser bedauerlichen Zerstörung vielleicht noch Einhalt tun zu können.

13) Vgl. Riezler Sigmund, Geschichte Bayerns, Gotha 1878 F. A. Perthes, Band 3, S. 762-764.

14) Vgl. Wiedenhofer, a. a. D. S. 27-30.

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