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Bautechnischer Führer durch München 1876

Die Bauten Münchens.

I. Cultanlagen

haben. Das rundbogige mit gothisirendem Wimperg versehene Portal zeigt ein Relief, Christus zwischen Maria und Johannes, (im Tympanon), wio_ die Statuen der Apostel Petrus und Paulus von Conr. Eberhard. Die Ecklisenen sind mit Fialen der italienischen Uebergangszeit bekrönt, auch das Badfenster ist romanisch, während das Bankenwerk über dem Bogenfries der Krabbenbildung der italienischen Gothik entlehnt ist.

Das Innere zeigt im Hauptschiff zwei flache Kuppelgewölbe, welchen eine halbkreisförmige Apsis und gegenüber an der Eingangseite ein Tonnengewölbe angesetzt ist. Mächtige Pfeiler stützen sowohl diese wie die Tonnengewölbe der Nebenräume, deren Axe im rechten Winkel gegen die Längsaxe der Kirche gerichtet ist. Die Nebenräume sind doppelgeschossig, indem zwischen die Pfeiler je zwei Säulen aus dunkelrothem Marmor mit vergoldeten korinthischen Capitlen gestellt sind, welche durch Archivolten verbunden, die für den Hof bestimmten Emporen tragen. Durch die wirkliche Ausführung dieser Emporen unterscheidet sich die Allerheiligenkirche von ihrem Vorbilde S. Marco, wo dieselben bekanntlich unausgeführt blieben. — Sind die Verhältnisse der Kirche überhaupt musterhaft, so kann diess auch von der Ausstattung gesagt werden, in welcher die Wirkung des romanisirenden Byzantinismus in Form, Farbe und Stuckmarmormaterial, wie sie das untere Geschoss zeigt, nicht minder erreicht wird, als von der stylvollen Gediegenheit der Ausmalung der Apsis und der Gemälde der oberen Wandflüchen. Meister Heinrich Hess, von seinen Schülern Schraudolph, Koch und Müller unterstützt, hat in diesen Gemälden*) eine Harmonie mit der architektonischen Gestaltung des Gebäudes erreicht, wie sie ausser ihm vielleicht nur einem Flandrin gelungen ist, ohne in archaistische Manierirtheit zu verfallen.

Die Hofkapelle (siehe k. Residenz).

Die St. Jakobskirche auf dem Anger mit Klosterkirche der armen Schulschwestern ist eine der ältesten Stiftungen Münchens. Wie schon in der Baugeschichtc (S. 16) erw hnt, wurde Kirche und Kloster bereits 1201 von Ludwig dem Kelheimer für die Minoriten gegründet. Die erste Kirche, zugleich die in ihrer wenn nicht ursprünglichen, so doch nicht lange-darauf und nur wenig ver nderten Gestalt ltest erhaltene Münchens, bildet jetzt den Chor der gegenwärtigen Kirche, ist aber durch eine etwas roh eingesetzte Wand abgetrennt, und unzugänglich. Die jetzt auch der Laien-Andacht geöffnete Kirche wurde wahrscheinlich nach


*) Von 3. G. Schreiner lithographisch publieirt. 43 Blatter.

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