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Ein Jahrhundert München

München im Jahre 1796

Unter den Hilfsanstalten verdient noch das militärische Arbeitshaus in der Au besonders gerühmt zu werden. Jeder Arbeitsuchende findet hier Lohn und Unterhalt, jeder Hungernde eine gesunde Mahlzeit und jeder reisende Handwerksgesell entweder Arbeit oder Zehrgeld.

Weil bei so vielen Kanälen das Ertrinken nicht selten ist, so wurden verschiedene bürgerliche Wundärzte, die zunächst an Kanälen wohnen, auf öffentliche Kosten mit den besten Rettungswerkzeugen versehen, und selbst auf die Rettung eines Ertrunkenen wurde ein Preis gesetzt.

Der Staat besoldet geprüfte Augen- und Zahnärzte, welche in der Hauptstadt wohnen und der ärmeren Volksklasse unentgeltlich Hilfe leisten müssen. Bei Krank­ heiten des Viehes ist dem hilfesuchenden Stadt- oder Landbewohner die Veterinär­ schule offen. Endlich müssen wir hier auch noch anmerken die zwei öffentlichen Bade­ häuser, deren eines im Lechel, das andere vor dem Sendlingertor sich befindet, wie­ wohl sie ebensogut zur Erholung, als zur Gesundheit und Hilfe dienen. Für so viele schöne Anstalten zum Besten der leidenden Menschheit wird einst noch die späteste Nachwelt das gute bayerische Volk und dessen edle Regenten dankbar segnen.

Kurfürst Maximilian III. hat eine Akademie der Wissenschaften hier errichtet, welche immer noch ihr Dasein behauptet.

Die Hofbibliothek, die in mancher Rücksicht seltene Bücherschähe enthält, befindet sich in dem ehemaligen Iesuitenkollegium und steht auf Befehl Seiner kurfürstlichen Durchlaucht jedem Freunde der Literatur offen, der auch in einem Nebensaale alle Bequemlichkeit zum Lesen und Exzerpieren hier findet.

Die kurfürstliche Gemäldegalerie kn dem Hofgarten bietet dem jungen Künstler Unterricht und Belehrung an. Es sind öffentliche Ausstellungen für die Werke junger Künstler veranstaltet und Preise zu ihrer Aufmunterung gesetzt.

In dem kurfürstlichen Gymnasium und Lyzeum werden die Wissenschaften von der Grammatik bis zur Theologie in verschiedenen Klassen von den Benediktinern gelehrt,- es sind auch mehrere Sprachmeister aufgestellt, deren öffentliche Lektionen jeder frei besuchen kann.

Die kurfürstliche Militärakademie verpflegt ganz unentgeltlich alle Jahre 80 Jüng­ linge und nimmt nebst diesen auch noch andere sowohl Aus- als Inländer in ihren Schoß auf. Jene bezahlen monatlich 20, diese aber nur 12 Gulden,- dafür erhalten die Zöglinge eine sehr gute Verpflegung und einen gründlichen Unterricht kn der deutschen, lateinischen und französischen Sprache, in der Geschichte und Erdbeschrei­ bung, in der Mathematik, Philosophie und Religion, km Zeichnen, Tanzen, Fechten, Reiten usw. In der kurfürstlichen Forstschule werden junge Leute in der dem wald­ reichen und doch bald holzarmen Bayern so wichtigen Forstkultur gebildet. Das kurfürst­ liche Oberst-Münz- und Bergmeisteramt hat seine eigenen Zöglinge und Praktikanten.

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