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München und seine Bauten

Der Klassizismus und die Abwendung von der Tradition

Ludwig I.

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Bavaria und Ruhmeshalle, errichtet 1843—1853 durch Klenze und Schwanthaler
Nach einer Aufnahme von Pick & Lo.

Die dritte leitende Idee seines Bauschaffens entsprang den persönlichen Reiseerinnerungen, besonders aus dem geliebten Italien. Eine so aller Kunst mit leidenschaftlicher Liebe zugetane Natur wie Ludwig fand es natürlich, den heimischen Gebäuden das Aussehen derer zu gebe::, die ihm auf seinen Reisen den tiefsten Eindruck hiuterlassen hatten. So entstanden wohl auch Dinge, die unter nordischem Himmel ihren Zweck nicht erfüllten oder denen das Klima abhold war. Die freie Bogenhalle gegenüber der Residenz am Odeonsplatz konnte freilich der Leibgarde der Hartschiere nicht in dem Maße dienlich sein wie der Guardia dei Lanzi im Mediceischen Florenz, und ähnlich war es bei manchem anderen Bau. Es begann eben damals, und nicht in München allein, jener charakteristische Bruch mit der alten Tradition, der an die Stelle eines einheitlichen Zeitstils eine nach äußerlichen ästhetischen Gesichtspunkten vorgenommene Auswahl aus dem Bauschaffen vergangener Zeiten setzte, die schließlich fast der Willkür der Mode anheimfiel, unter Ludwig sich aber immer noch eine gewisse Einheitlichkeit ihrer architektonischen Gestaltung wahrte.

Der baukünstlerische Berater Ludwigs war anfangs Karl von Fischer, den er sehr hoch schätzte und dem er die ersten Entwürfe zur Glyptothek und zur Walhalla anvertraut hatte. Sein früher Tod (1820) und die Gunst, die bald der Kronprinz einem jüngeren Architekten, Leo von Klenze, zuwandte, haben seine Pläne zu den zwei Gebäuden und zur monumentalen Ausgestaltung des Karlstors einen stillen Platz in den Archiven einnehmen lassen, sie sind aber für die Beurteilung seines Lebenswerkes ebenso wichtig wie seine ausgeführten.

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