Stadtgeschichte München

6. Geschäfts- und Wohnhäuser Architekt
Dr. Paul Wenz

München verfügt nicht über die natürlichen Bedingungen, die der Entwicklung zu einer bedeutenden Handels- und Industriestadt günstig wären. Das gesamte Geschäftsleben wird daher auch schwerlich die gewaltigen Formen anneh- men, wie die großen Zentralpunkte des Handels. Die im allgemeinen bescheideneren geschäftlichen Formen und Ziele sprechen sich äußerlich vor allem in beit Geschäftshausbauten aus. Häuser, die ausschließlich geschäftlichen Zwecken oder einer einzigen Firma dienen, gibt es im Verhältnis zur Größe uud der Einwohnerzahl Münchens nur wenig. Fast durchgehend wird folgende Kombination gewählt: Unten Geschäfts- und Ladenräume, in den Obergeschossen Wohnungen. Derartige Häuser sehen wir nicht nur in den äußeren Teilen der Stadt, sondern auch in den verkehrsreichsten der Innenstadt. Sie haben den Vorzug, daß sie bei veränderten Bedürfnissen noch andere Verwertungsmöglichkeiten zulassen. Von diesem Haustypus bringt diese Abteilung einige Beispiele. Es ist kein Zweifel, daß die künstlerische Lösung des Wohn- und Ladenhauses große Schwierigkeiten bietet, ja unmöglich wird, wenn der Bauherr die Herstellung einer möglichst großen Schaufensterfläche verlangt, ohne Rücksicht auf eine günstige Gesamterscheinung zu nehmen. Zn extremster Weise trat diese Gleichgültigkeit gegen die äußere Erscheinung bei den Ladenhäusern auf, die aus alten Wohnhäusern durch Zweckänderung des Erdgeschosses und Auswechlsung entstanden sind. Der Kontrast zwischen den zwar konstruktiv richtigen, aber für das Auge zu dünn wirkenden, eisernen Stützen und der darauf lastenden Mauermasse der Obergeschosse wirkt äußerst unangenehm. Dazu kommt die ganz ungenügende stilistische Behandlung der eisernen Stützen. Auf das Beiwort „künstlerisch" können diese primitiven und häßlichen Lösungen sicherlich keinen Anspruch erheben. Dieser billige und einfache Ausweg entsprach dem vielfach auftretenden Bedürfnis, für den Zwischenhandel schnell ausreichende Ausstellungsmöglichkeit in Schaufenstern zu schaffen. Mit dem zunehmenden Allgemeinwohlstand und der rasch wachsenden Bedeutung einzelner Geschäfte entstanden im Laufe der Jahre mehr und mehr Neubauten mit Läden und Wohnungen. Um ihre künstlerische Gestaltung haben sich die besten Architekten bemüht. Eine Reihe von ihnen glaubte dem Bedürfnis nach möglichst großen Schaufensterflächen nachkommen und diese sachliche Forderung als Grundlage der