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München und seine Bauten

Das München der Renaissance

Hofbauten

Michaelskirche, erbaut 1583—1597
Chorpartie vom Hofe des ehemaligen Jesuitenstiftes aus
Phot. Susanne Homann

Spannweite vorsah, aber manche Unklarheiten, besonders der Kuppelpfeiler, lassen es zweifelhaft erscheinen, ob es überhaupt von einem gelernten Architekten verfaßt wurde. Der kurz darnach auftauchende zweite Entwurf steht dagegen demjenigen sehr nahe, nach dem die Ausführung im Jahre 1583 ins Werk gesetzt wurde. Die Längsachse ist nicht mehr parallel zur Neuhauserstraße, sondern senkrecht dazu, um den Chor in bessere Verbindung mit dem Ordenshaus zu bringen, die Ostung also aufgegeben. In den Längsdimensionen sind beide Projekte ähnlich, aber die Breite ist gewachsen und der Jnnenraum hat keine Pfeiler mehr, sondern ist von einer einzigen Tonne überdeckt, von Dimensionen, wie sie in Deutschland als unerhört, selbst in Italien als ungewöhnlich angesehen werden müssen. Bei der Ausführung wurde sie um eine Kleinigkeit verschmälert, die äußere Breite etwas erhöht, um eine größere Tiefe der Strebepfeiler zu erhalten, die zwischen den Kapellen und Emporen das Gewölbe abzustützen hatten. Der Baum ist durch das Weglassen aller Innenstützen auf die denkbar einfachste Form gebracht; mit dem Hereinziehen der Strebepfeiler in den Jnnenraum klingt noch das spätgotische Konstruktionsprinzip nach, das schon in der Frauenkirche seine Verwirklichung gefunden hatte. So ist der Plan eine ganz selbständige Kombination deutscher und italienischer Baumgedanken: Gesü ist nicht das direkte Muster wie bei der Theatinerkirche, wenngleich die wirksamere Konzentration des Raumganzen und die überaus gelungene Lichtführung

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