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So lang der alte Peter …

Die Pest in München

Schweden in München. Es wurde angenommen, daß die spanischen Truppen, die zur Abwehr gegen Bernhard von Weimar in München gesammelt worden waren, die Seuche eingeschleppt hätten. Der erste Todesfall unter der einheimischen Bevölkerung geschah am 12. August in der Sendlingergaffe. Acht Tage darnach kam ein Polizeimandat heraus, dem wieder eine Woche später ein kurfürstliches Mandat folgte. Beide schrieben den Behörden und dem Volke in umfassender Weise ihr Verhalten vor. Jeder Obrigkeit — so heißt es in dem Polizeimandat — „falle, wenn auch die Krankheit zweifellos von Gott zur Strafe für die großen und unaufhörlichen Sünden geschickt sei, doch die Pflicht zu, durch gute Fürsehung und Ordnung den Schaden so viel wie möglich abzuwenden." Die Pest erreichte in München ihren Höhepunkt im November und erlosch gegen Mitte Februar nächsten Jahres. Desto erschreckender ist die Fülle von Leiden und Ungemach, die sich in dieses halbe Jahr zusammendrängle. Jede Arbeit stockte, eö fehlte an Allem. Das Zusammensein innerhalb der Freundschaft, der Familie wurde gescheut; ein Jeder sah auch im Nächftstehenden nur den möglichen Todesbringer. Vier Lazarette wurden eilig zur Aufnahme der Kranken hergerichtet; die Tore der Stadt wurden geschlossen, mit Ausnahme des Isar- und Neuhausertores, vor denen je ein Garten mit Notbauten zur Beherbergung der Fremden hergerichtet war. Die Fremden durften natürlich die Stadt nicht betreten; ebensowenig durften die Einwohner zu ihnen hinaus. Alle Briefe wurden geöffnet, tüchtig durchräuchert und dann wieder verschlossen. Das Geld, das im Umlauf war, wurde vor der Berührung in Essig geworfen; der Eintritt in ein verseuchtes Haus, der Verkehr mit angesteckten Personen oder der Gebrauch der ihnen gehörigen Sachen war bei Lebensstrafe verboten. Zur Abschreckung und nötigenfalls auch zu sofortigem Strafvollzug waren Galgen in den Straßen der Stadt errichtet. Kleider und Bettgewand der angesteckten Personen wurden vor den Toren verbrannt. Um die Verbreitung der Seuche zu hindern, wurden die Straßen mit eisernen Ketten gesperrt, ja, die völlig verseuchten Straßen, wie die Eisenmanngaffe, die Damenftiftstraße und das Kreuz wurden mit Brettern verrammelt. Die Herzogspitalgaffe, obgleich von diesen so nahe gelegen, blieb von der Pest verschont.

Trotz alledem wütete die Pest ungemindert fort. Im Oktober und November wurden wöchentlich 2OO und mehr Wohnungen, bisweilen ganze Häuser gesperrt. Bis in unsere Zeit noch war an einem Hause der Kaufingerstraße ein lateinisches „T" zu sehen, was „Tod" bedeutete und daran gemahnte, daß damals sämtliche Inwohner dieses Hauses der Pest erlagen. Ein genaues Aufzeichnen von Namen, Al-

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